| (Wiederholung vom Freitag ohne Änderungen im Text) |
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| Wirtschaftsbeziehungen dürften Agenda dominieren |
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| Experte fordert von Minister "klare Botschaft" |
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| Russlands Krieg und Spannungen um Taiwan weitere Themen |
| - von Alexander Ratz |
| Berlin, 07. Dez (Reuters) - Bundesaußenminister Johann |
| Wadephul holt seinen Ende Oktober kurzfristig abgesagten Besuch |
| in China Anfang kommender Woche nach. Am Sonntag macht sich |
| Wadephul als zweites Mitglied der schwarz-roten Bundesregierung |
| nach Vizekanzler Lars Klingbeil auf den Weg nach Peking. |
| Experten und Außenpolitiker erwarten von dem Minister deutliche |
| Worte an die Adresse Pekings: Seien es die wirtschaftlichen |
| Ungleichgewichte, die Unterstützung des russischen |
| Angriffskriegs gegen die Ukraine oder das aggressive Auftreten |
| mit Blick auf Taiwan - spannungsgeladene Themen gibt es |
| reichlich. Zugleich sind Deutschland und Europa wirtschaftlich |
| abhängig von China. CDU-Mann Wadephul muss auf seiner bislang |
| wohl sensibelsten Reise als Außenminister also sehr viel |
| diplomatisches Geschick an den Tag legen. |
"Von Wadephul und (Bundeskanzler Friedrich) Merz hören wir zwar einen neuen, kritischeren Ton gegenüber China, doch fehlt bislang eine konkrete politische Agenda, die diese schärfere Rhetorik untermauert", sagt Noah Barkin, Experte für die Beziehungen Europas zu China bei der Forschungs- und Beratungsfirma Rhodium Group. Für Spannungen sorgt vor allem Chinas Gebaren beim Export von Rohstoffen, etwa bei den begehrten Seltenen Erden. China dominiert den globalen Markt des Rohstoffs, der vor allem zur Herstellung von Batterien gebraucht wird. Auch Deutschland ist abhängig von den Importen aus China. Aber die Regierung in Peking nutzt ihre Position zunehmend auch als politisches Druckmittel. Hinzu kommt, dass die Volksrepublik mittlerweile selbst Hightech-Produkte herstellt und diese aufgrund staatlicher Subventionen auf den Weltmärkten weit günstiger anbieten kann. Dies gilt etwa auch für Stahl.
Wadephul hatte seinen Ende Oktober geplanten Besuch in Peking kurzfristig abgesagt, weil ihm damals seitens der chinesischen Regierung nicht ausreichend Gesprächspartner angeboten worden waren. "China ist ein wichtiger Partner für uns, und es ist gut, wenn es regelmäßige ranghohe Kontakte gibt", sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, der Nachrichtenagentur Reuters dennoch und fügt hinzu: "Ich gehe davon aus, dass auch der Bundeskanzler in naher Zukunft nach China reisen wird."
Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Adis Ahmetovic, betont: "Deutschland steht für Kooperation, aber nicht für neue Abhängigkeiten. Diese Haltung ist zentral ? insbesondere mit Blick auf kritische Bereiche wie Seltene Erden", sagt Ahmetovic und mahnt: "Strategische Abhängigkeiten dürfen nicht zu politischen Druckmitteln werden." Dafür brauche es am Ende eine europäisch abgestimmte Strategie: "Diversifizierung von Lieferketten, Förderung eigener Schlüsseltechnologien, eine klare Innovationsstrategie und der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten in Europa." Und es müsse mit China gerade in außen- und sicherheitspolitischen Fragen "einen klaren, aber zugleich robusten Dialog auf Augenhöhe" geben, sagt Ahmetovic mit Blick auf Wadephuls Gespräche in Peking.
Auch der Experte Barkin mahnt deutliche Worte des Ministers in Peking an: "Wadephul muss seinen chinesischen Gastgebern eine klare Botschaft übermitteln: Sie laufen Gefahr, Deutschland und Europa zu verlieren, wenn sie die Bedenken hinsichtlich der Ausrichtung der Wirtschaftsbeziehungen weiterhin ignorieren", sagt Barkin. "De-Risking ist keine Wahl, sondern eine Notwendigkeit, wenn Deutschland seinen langfristigen Wohlstand, seine Sicherheit und seine Souveränität sichern will." Er verweist vor allem auf Maschinenbau, Chemie- und Autoindustrie sowie die Windkraft. "Wenn Deutschland dieser Entwicklung nichts entgegensetzt, werden diese Industrien in wenigen Jahren verschwinden."
Für die Bundesregierung sei es daher nun an der Zeit, Entscheidungen zu treffen, mahnt Barkin und fragt: "Meint sie es ernst mit der Diversifizierung weg von China? Ist sie bereit, dafür kurzfristige wirtschaftliche Nachteile in Kauf zu nehmen? Ist sie bereit, eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen und eine engere Zusammenarbeit bei komplexen De-Risking-Herausforderungen wie Seltenen Erden voranzutreiben?"
| "EMPFINDLICHE AUSWIRKUNGEN AUF BEZIEHUNGEN ZUM WESTEN" |
| Auch Wadephuls Parteifreund Hardt betont, der Minister |
| "muss deutlich machen, dass eine quasi monolithische Marktmacht |
| nicht akzeptabel ist, dass es teilweise keine fairen |
| Handelsbeziehungen gibt, dass wir der Meinung sind, dass China |
| davon absehen muss". Mit Blick auf die Ukraine sagt Hardt, es |
| liege auf der Hand, dass China Russland bei dessen |
| völkerrechtswidrigem Angriffskrieg unterstütze. "Und ich gehe |
| davon aus, dass Außenminister Wadephul das Thema in Peking offen |
| ansprechen wird." Dritter heikler Punkt ist Chinas zunehmend |
| aggressives Auftreten im Indo-Pazifik, das Wadephul bereits |
| wiederholt offen kritisiert und damit empörte Reaktionen in |
| Peking ausgelöst hat. |
Unbehagen bereitet vielen, dass China im Fall eines Erfolgs Russlands in der Ukraine motiviert werden könnte, das von der Regierung in Peking ohnehin beanspruchte Taiwan militärisch anzugreifen. "Wir sehen es mit Sorge, dass die sogenannte Wiedervereinigung immer wieder in Reden der chinesischen Führung propagiert wird, und es wird dabei nicht ausgeschlossen, dass dies notfalls auch mit militärischer Gewalt geschehen wird", sagt Hardt und betont mit Blick auf die Agenda des Außenministers: "Das gehört aktuell nicht zu den vordringlichen Themen der Weltpolitik. Aber China muss wissen, wenn es vom Status quo abweicht, hätte dies empfindliche Auswirkungen auf die Beziehungen zum Westen."
(Redigiert von Christian Rüttger Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)