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04.01.2025 /21:55:27
TOP-THEMA-Regierungskrise in Österreich - Koalitionsverhandlungen geplatzt

(Neu: Kickl, Hintergrund)
Wien, 04. Jan (Reuters) -

In Österreich sind die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ gescheitert. Über drei Monate nach der Parlamentswahl ist damit offen, wie es zur Bildung einer neuen Regierung kommen soll. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer kündigte am Samstagabend seinen Rücktritt an. "Ich werde mich als Bundeskanzler und auch als Parteiobmann der Volkspartei in den nächsten Tagen zurückziehen", erklärte er auf X. Er werde für einen geordneten Übergang sorgen. Eine zentrale Rolle bei dem weiteren Vorgehen kommt nun auf den Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen zu.

Bereits am Freitag waren die liberalen Neos aus den Koalitionsverhandlungen mit der konservativen ÖVP und sozialdemokratischen SPÖ ausgestiegen. ÖVP und SPÖ verhandelten zunächst weiter, hätten aber nur eine Koalition mit einer hauchdünnen Mehrheit bilden können. Damit scheitert der Versuch, eine Regierung unter Ausschluss der rechten FPÖ zu bilden. Die russlandfreundlichen EU-Skeptiker waren aus der Parlamentswahl Ende September als stärkste Kraft hervorgegangen. Sie hatten aber von Van der Bellen keinen Auftrag zur Regierungsbildung erhalten, da die anderen Parteien nicht mit ihr und ihrem umstrittenen Chef Herbert Kickl zusammenarbeiten wollen.

Ob das so bleibt, ist nach österreichischen
Medienberichten fraglich. Demnach sind Teile der ÖVP bereit,
eine Koalition mit der FPÖ einzugehen. Mit Nehammers
angekündigten Rücktritt ließe sich das leichter bewerkstelligen,
hieß es. Bislang hatte die ÖVP eine Zusammenarbeit mit der FPÖ
unter Parteichef Kickl ausgeschlossen. Am Sonntag will die
ÖVP-Spitze nach Medienberichten das weitere Vorgehen beraten.
Ebenfalls am Sonntag will sich demnach Bundespräsident Van der
Bellen zur Lage äußern. Möglich wären etwa die Beauftragung der
FPÖ mit der Regierungsbildung oder Neuwahlen.

"Wir haben lange und redlich verhandelt. In wesentlichen Punkten ist mit der SPÖ keine Einigung möglich", sagte Nehammer. Die Sozialdemokraten wollen das Haushaltsdefizit mit Steuererhöhungen bekämpfen, was die ÖVP ablehnt. "Es ist augenscheinlich, dass die destruktiven Kräfte in der SPÖ die Oberhand gewonnen haben", sagte Nehammer. Die Volkspartei stehe zu ihren Versprechen: "Wir werden leistungs- und wirtschaftsfeindlichen Maßnahmen oder neuen Steuern nicht zustimmen." SPÖ-Chef Andreas Babler wertete den Abbruch der Gespräche als schlechte Nachricht für Österreich und sprach von Taktiererei der ÖVP.

FPÖ-Chef Kickl erklärte, Van der Bellen, Nehammer und
Babler würden vor den Trümmern ihrer
"Kickl-Verhinderungs-Strategie" stehen. Jetzt komme es auf die
ÖVP an. Man werde sehen, ob sie das "Machtwort der Wähler" bei
der Parlamentswahl zumindest ansatzweise verstanden habe.

Sollte es Neuwahlen geben, könnte sich die FPÖ Hoffnungen machen, ihren Vorsprung sogar noch auszubauen. In Umfragen hat sie seit der Wahl vor einem Vierteljahr weiter zugelegt. Die Dreier-Gespräche von ÖVP, SPÖ und Neos hatte die FPÖ angesichts ihres Wahlsiegs von Anfang an als undemokratisch kritisiert und von einer "Koalition der Verlierer" gesprochen.

(Bericht von Ayhan Uyanik, geschrieben von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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