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15.03.2024 /11:57:19
TOP-THEMA-Vonovia schreibt Rekordverlust - Aktien im Keller

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Branchenkrise sorgt mit Abwertungen für Milliarden-Minus

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Vonovia-Aktie verliert deutlich an Boden

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Vonovia-Chef hofft, dass Talsohle erreicht ist
 
(neu: Aussagen aus PK, Analysten, Kurs)
Düsseldorf, 15. Mrz (Reuters) - Massive Abwertungen
seiner Immobilien sorgen beim Branchenprimus Vonovia <VNAn.DE>
für einen Rekord-Verlust und haben die Aktien des Konzerns am
Freitag auf Talfahrt geschickt. Das Bochumer Unternehmen musste
angesichts des Preisverfalls am Immobilienmarkt den Wert seiner
Wohnungen 2023 um rund elf Milliarden Euro herunterschreiben und
verbuchte dadurch unter dem Strich ein Minus von rund 6,75
Milliarden Euro - rund das Zehnfache des Vorjahresverlustes.

"Das vergangene Jahr war anstrengend", bilanzierte Konzernchef Rolf Buch am Freitag. "Der Einbruch der Werte war der gravierendste, den wir je erlebt haben." Er will nun das Geld zusammenhalten und sich von Immobilienpaketen trennen, um die milliardenschwere Schuldenlast Vonovias zu drücken. Zugleich sieht er aber Licht am Ende des Tunnels: "Die Zeiten von Wertverlusten liegen weitestgehend hinter uns." Vonovia wolle durchstarten, sobald sich der Markt stabilisiere. Daran glauben die Investoren aber noch nicht so recht - Vonovia-Aktien gaben um rund sechs Prozent nach und waren damit größter Dax-Verlierer.

Vonovia steht mit dem Verlust nicht allein. Die Branche
kämpft mit den Folgen hoher Zinsen und explodierender Baukosten.
Viele Projektentwickler schlitterten bereits in die Pleite. Es
werden kaum noch neue Wohnungen gebaut, obwohl diese angesichts
der Wohnungsnot dringend benötigt werden. Hinzu kommt, dass es
über lange Zeit kaum größere Transaktionen gab. Viele
Marktteilnehmer können so nur schwer bewerten, was die
Immobilienbestände in ihren Büchernwirklich wert sind. Das
schürt weitere Unsicherheit. Die Immobilienpreise sanken. Bei
den Konzernen sorgten die Abwertungen der Bestände für teils
herbe Verluste. Dabei drücken viele von ihnen hohe Schulden -
Vonovia hatte etwa in einer milliardenschweren Transaktion den
Konkurrenten Deutsche Wohnen geschluckt. Die über Jahre
erfolgsverwöhnten Unternehmen mussten Dividenden kürzen oder
komplett streichen. Vonovia hob die Ausschüttung indes für 2023
sogar um rund sechs Prozent an auf 0,90 Euro je Aktie. In
Zukunft soll es aber eine andere Dividendenpolitik geben.
 
Für die Branche sei 2023 ein"annus horribilis" gewesen,
hatte der Chef des kleineren Vonovia-Konkurrenten LEG
Immobilien <LEGn.DE>, Lars von Lackum, gesagt. Bei der LEG hatten
die Abwertungen 2023 für einen Verlust von rund 1,5 Milliarden
Euro gesorgt. Bei der Hamburger TAG Immobilien <TEGG.DE>
summierte sich das Minus auf 410,9 Millionen Euro, bei Grand
City Properties <GYC.DE> belief es sich auf 638 Millionen. Die
LEG setzt aber schon wieder auf bessere Zeiten. "Für die LEG ist
der Höhepunkt der Immobilienkrise vorbei", sagte Lackum Anfang
der Woche. Bei Vonovia klingt dies ähnlich.
 
"DAS SCHLIMMSTE DÜRFTE HINTER UNS LIEGEN"
 
"Die Branchenstimmen werdenlauter, dass die Werte die
Talsohle bereits erreicht haben könnten", sagte Buch. "Das
schlimmste dürfte hinter uns liegen." Die Zeiten der
Zinserhöhungen durch die Zentralbanken seien vermutlich vorbei -
für die Immobilienwirtschaft könne das wieder einen Aufschwung
bringen. "Sobald sich der Markt stabilisiert hat, werden wir uns
wieder stärker auf die Steigerung unserer Erträge
konzentrieren." Dann könne Vonovia "wieder durchstarten".
 
Zunächst muss Buch aber denVerschuldungsgrad (LTV)
drücken. Dieser war im vergangenen Jahr durch die Abwertungen
auf 47,3 Prozent gestiegen - Ziel sind maximal 45 Prozent. Dazu
will er Immobilienpakete mit einem Volumen von rund drei
Milliarden Euro losschlagen. Auch im Reich der Deutschen
Wohnen <DWNG.DE> könnte es zu Verkäufen kommen - dort sollen etwa
die Pflegeimmobilien einen neuen Eigner finden.
Vonovia verfügt über rund 546.000 Wohnungen. Der Konzern
hatte das Portfolio im ersten Halbjahr um 6,6 Prozent abwerten
müssen, in der zweiten Jahreshälfte waren es 4,2 Prozent. Der
Verkehrswert des Immobilienbestands sackte damit zum Jahresende
auf 83,9 Milliarden Euro - ein Jahr zuvor waren es mit 94,7 noch
rund elf Milliarden Euro mehr.

Im operativen Geschäft konnte Vonovia 2023 auch durch Mieterhöhungen den Ertrag in der Vermietung steigern, die Leerstandsquote lag bei rund zwei Prozent. 2024 sollen die Mieten weiter steigen. Der Ertrag aus dem operativen Geschäft (Group FFO) ging aber aufgrund der Zinsentwicklung auf 1,8 Milliarden Euro zurück.

Von 2024 an will Vonovia angesichts der Umbrüche auf das bereinigte Ergebnis vor Steuern (Adjusted Ebt) als zentrale Kennzahl setzen, das den Group FFO ablösen soll. Für das Geschäftsjahr erwartet Vonovia das bereinigte Ebitda zwischen 2,55 und 2,65 Milliarden Euro, das bereinigte Ebt werde voraussichtlich zwischen 1,70 und 1,80 Milliarden Euro liegen. Im Jahr 2023 waren es noch 1,86 Milliarden Euro. Für die Dividende will Vonovia ebenfalls eine neue Basis legen - diese soll sich künftig am bereinigten Ebt und an überschüssiger Liquidität orientieren. Die überraschenden Umstellungen bereiteten Kopfzerbrechen, erklärten Jefferies-Analysten. Die neue Dividendenpolitik erscheine "relativ komplex", gaben ihre Kollegen von Berenberg zu bedenken.

(Bericht von Matthias Inverardi und Tom Sims, redigiert von Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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