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28.06.2024 /12:12:51
TOP-THEMA-Trotz EM und Olympia - Nike erwartet Umsatzeinbruch

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Nike erwartet zehn Prozent Umsatzminus im Sommer

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Neue Strategie des Sportartikelriesen greift noch nicht

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Nike-Aktie bricht in Frankfurt um 13 Prozent ein
 
(neu: Kursreaktionen, regionale Entwicklung)
- von Alexander Hübner und Juveria Tabassum
München/Bangalore, 28. Jun (Reuters) - Der
US-Sportartikelriese Nike <NKE.N> macht sich angesichts
wachsender Konkurrenz neuer Marken und hausgemachter Probleme
auf einen Umsatzeinbruch gefasst. "Der Gegenwind wird sich im
laufenden Jahr stärker auswirken", sagte Finanzvorstand Matt
Friend in einer Analystenkonferenz am Donnerstagabend bei der
Präsentation der Geschäftsjahres-Zahlen. Er geht davon aus, dass
im laufenden ersten Quartal des Bilanzjahres 2024/25 das
Geschäft um etwa zehn Prozent schrumpfen dürfte. Für das
Gesamtjahr (per Ende Mai) rechnet Friend mit einem mittleren
einstelligen Umsatzrückgang. Dabei ist das Sportjahr 2024
geprägt von Großereignissen wie den Fußball-Europa- und
Südamerika-Meisterschaften sowie den Olympischen Spielen in
Paris. Adidas-Chef Björn Gulden etwa rechnet für das zweite
Halbjahr 2024 mit zweistelligen Wachstumsraten.
Vor allem im US-Markt kämpft Nike mit der Konkurrenz
neuer, hipper Marken wie Hoka von Deckers <DECK.N> oder der vom
Schweizer Tennisstar Roger Federer unterstützten On <ONON.N>. Und
auch gegen die Retro-Modelle wie "Samba" und "Gazelle", mit
denen der Erzrivale Adidas <ADSGn.DE> die Trennung von
Skandal-Rapper und Designer "Ye" (Kanye West) vergessen ließ,
hat Nike noch kein Rezept. Die Nike-Aktie brach angesichts der
mauen Aussichten am Freitag an der Frankfurter Börse <NKE.DE> um
14 Prozent ein. "Nike versucht uns zu verkaufen, dass sie sich
neu erfinden", sagte GlobalData-Analyst Neil Saunders. "Aber die
Zahlen (...) für 2025 legen nahe, dass das Unternehmen ein wenig
in Schwierigkeiten steckt und sich die Dinge, die sie machen, im
kommenden Jahr noch nicht auswirken werden."
 
Bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023/24 stagnierte
der Umsatz der weltweiten Nummer eins mit 51,4 Milliarden
Dollar, im vierten Quartal ging er sogar leicht zurück und
enttäuschte die Erwartungen der Analysten. Da half es auch
nichts, dass der Nettogewinn im vierten Quartal mit 1,50 (1,03)
Milliarden Dollar um 45 Prozent über Vorjahr lag. Im Gesamtjahr
verdiente Nike mit 5,7 Milliarden Dollar zwölf Prozent mehr. Das
lag aber vor allem an einem zwei Milliarden Dollar schweren
Sparprogramm, das die Verwaltungskosten drückte, sowie an den
sinkenden Schiffsfracht-Kosten und geringeren Lagerbeständen.
Auf dem nordamerikanischen Heimatmarkt, der 42 Prozent
des Umsatzes von Nike ausmacht, bekam der Konzern zu spüren,
dass die Kunden preisbewusster werden. Finanzchef Friend sagte,
das vierte Quartal habe gezeigt, welche Herausforderungen Nike
zu bewältigen habe. Nun soll eine neue Schuh-Kollektion für
unter 100 Dollar die Kunden locken. In China, wo es bei Adidas
und Puma <PUMG.DE> wieder aufwärts geht, kamen deutlich weniger
Kunden in die Nike-Shops.
 
ANALYSTEN: NIKE BRAUCHT GEDULD
 
Die ursprüngliche Strategie, den lukrativeren Verkauf
über eigene Läden und Online-Shops ohne Umweg über den
Einzelhandel anzukurbeln, ging auch im vierten Quartal nicht
auf. In diesem Segment schrumpften die Umsätze um acht Prozent,
die Margen waren unter Druck. Seit dem Frühjahr umgarnt Nike nun
- ähnlich wie Adidas-Chef Gulden - verstärkt wieder die Händler.
Der Umsatz über Großhändler stieg immerhin um acht Prozent.
Nike-Chef John Donahoe setzt nun wieder auf den Sport
und hofft auf die Zugkraft der Olympischen Spiele. "Wir werden
Sport wieder ins Zentrum von allem rücken, was wir tun", sagte
Donahoe. Nike werde für Olympia in Paris mehr Geld ausgeben als
für alle Olympischen Spiele bisher und eine "unübersehbare"
Werbekampagne starten. Doch Analysten glauben, dass es dauern
wird, bis Nike die Nachfrage beleben kann - schlicht, weil
Innovationen und neue Produktlinien Zeit brauchen. Sie nahmen
reihenweise ihre Kursziele zurück.

Börsianer waren sich uneins, was die trüben Aussichten bei Nike für die Konkurrenz bedeuteten. Am Freitag notierten Adidas und Puma an der Börse zunächst ebenfalls im Minus, die Adidas-Aktie drehte aber am Mittag ins Plus. "Nike wird bis mindestens zum Frühjahr 2025 mit der Neuausrichtung beschäftigt sein, was Adidas eine hervorragende Gelegenheit bietet, Marktanteile zu gewinnen", schrieben die Analysten von Kepler Cheuvreux. Cedric Lescable von Stifel geht nach einem Gespräch mit Adidas davon aus, dass die weltweite Nummer zwei den Umsatz im zweiten Quartal (April bis Juni) um zehn Prozent gesteigert hat und die Zuwachsraten bis zum vierten Quartal bis auf 15 Prozent steigen werden.

(Bericht von Alexander Hübner, Juveria Tabassum und Ananya Mariam Rajesh Mitarbeit: Daniela Pegna redigiert von Ralf Banser Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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