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Rückzug von Wolfspeed-Milliardenprojekt |
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ZF wollte 170 Millionen Euro beisteuern |
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Insider: Wolfspeed bezweifelt Europa-Plan |
(Neu: Branchenkreise, Hintergrund) |
Frankfurt, 22. Okt (Reuters) - Der kriselnde |
Autozulieferer ZF Friedrichshafen zieht sich nach |
Informationen aus Branchenkreisen vom Projekt einer Chipfabrik |
des US-Unternehmens Wolfspeed im Saarland zurück. Wolfspeed habe |
den Plan für das Werk wegen schwacher Nachfrage nach |
Elektroautos auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt, erklärte ein |
mit dem Vorgang Vertrauter der Nachrichtenagentur Reuters am |
Dienstag. "Sie wissen nicht, ob der Markteintritt in Europa noch |
sinnvoll ist." ZF könne den Beitrag von rund 170 Millionen Euro |
gut an anderer Stelle gebrauchen. Zuerst hatte das |
"Handelsblatt" über den Rückzug berichtet, der das Ende des |
Fabrikplans bedeute. ZF wollte sich nicht dazu äußern. Wolfspeed |
war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. |
Die Unternehmen hatten den Plan Anfang 2023 im Beisein |
von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigt. Mit |
staatlicher Hilfe sollte für insgesamt 2,75 Milliarden Euro eine |
Fabrik entstehen, die ab 2027 Siliciumkarbid-Halbleiter fertigt. |
Mit diesen kann etwa die Reichweite von E-Autos gesteigert |
werden. Ein Scheitern des Projekts wäre nach der Verschiebung |
der Chipfabrik von Intel in Magdeburg der zweite Rückschlag für |
die Strategie, Europa unabhängiger von Chipherstellern aus Asien |
zu machen. Die Abhängigkeit von Asien hatte sich während der |
Corona-Pandemie als Nachteil erwiesen, weil die Chiphersteller |
Lieferungen an die Autoindustrie zugunsten der Kunden in der |
boomenden Elektronikbranche hintanstellten. |
US-REGIERUNG FÖRDERT WOLFSPEED |
Wolfspeed schrieb zuletzt Verluste und hatte im Sommer |
bekanntgegeben, den Start des Fabrikbaus zu verschieben. Das |
Unternehmen hat in den USA zwei Großprojekte laufen: die |
Erweiterung seiner Chipfertigung im Werk Marcy/New York und eine |
neue Waferfabrik in North Carolina. Für letztere erhielt |
Wolfspeed vergangene Woche die Zusage für 750 Millionen Dollar |
staatlicher Zuschüsse - unter der Bedingung, dass Wolfspeed |
seine Finanzen in Ordnung bringt und das Geld der Steuerzahler |
abgesichert wird. Wolfspeed erklärte, drei Investmentfonds als |
Co-Finanzierer von weiteren 750 Millionen Dollar an der Hand zu |
haben. Es sei außerdem eine Steuererstattung von einer Milliarde |
Dollar zu erwarten. Neue Mittel sollen aufgenommen und |
Zinszahlungen verschoben werden. Anleger zweifeln an den |
Aussichten wegen des verlangsamten Umstiegs auf E-Autos, so dass |
die Aktie in diesem Jahr schon drei Viertel an Wert verlor. |
Das Kriechtempo bei E-Autos bringt auch den zweitgrößten |
deutschen Zulieferer ZF mächtig unter Druck. Nach hohen |
Investitionen in die E-Antriebstechnik rufen die Autobauer nicht |
die erwarteten Stückzahlen ab. Der Stiftungskonzern hat deshalb |
angekündigt, bis 2028 jeden vierten der 54.000 Arbeitsplätze in |
Deutschland abzubauen und kürzlich die Gewinnprognose gesenkt. |
(Bericht von Ilona Wissenbach, Miranda Murray, David Shepardson, redigiert von Kirsti Knolle und Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)