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22.10.2024 /14:10:37
FOKUS 1-Insider - ZF Friedrichshafen steigt bei Chipfabrik aus

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Rückzug von Wolfspeed-Milliardenprojekt

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ZF wollte 170 Millionen Euro beisteuern

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Insider: Wolfspeed bezweifelt Europa-Plan
 
(Neu: Branchenkreise, Hintergrund)
Frankfurt, 22. Okt (Reuters) - Der kriselnde
Autozulieferer ZF Friedrichshafen zieht sich nach
Informationen aus Branchenkreisen vom Projekt einer Chipfabrik
des US-Unternehmens Wolfspeed im Saarland zurück. Wolfspeed habe
den Plan für das Werk wegen schwacher Nachfrage nach
Elektroautos auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt, erklärte ein
mit dem Vorgang Vertrauter der Nachrichtenagentur Reuters am
Dienstag. "Sie wissen nicht, ob der Markteintritt in Europa noch
sinnvoll ist." ZF könne den Beitrag von rund 170 Millionen Euro
gut an anderer Stelle gebrauchen. Zuerst hatte das
"Handelsblatt" über den Rückzug berichtet, der das Ende des
Fabrikplans bedeute. ZF wollte sich nicht dazu äußern. Wolfspeed
war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Die Unternehmen hatten den Plan Anfang 2023 im Beisein
von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigt. Mit
staatlicher Hilfe sollte für insgesamt 2,75 Milliarden Euro eine
Fabrik entstehen, die ab 2027 Siliciumkarbid-Halbleiter fertigt.
Mit diesen kann etwa die Reichweite von E-Autos gesteigert
werden. Ein Scheitern des Projekts wäre nach der Verschiebung
der Chipfabrik von Intel in Magdeburg der zweite Rückschlag für
die Strategie, Europa unabhängiger von Chipherstellern aus Asien
zu machen. Die Abhängigkeit von Asien hatte sich während der
Corona-Pandemie als Nachteil erwiesen, weil die Chiphersteller
Lieferungen an die Autoindustrie zugunsten der Kunden in der
boomenden Elektronikbranche hintanstellten.
 
US-REGIERUNG FÖRDERT WOLFSPEED
 
Wolfspeed schrieb zuletzt Verluste und hatte im Sommer
bekanntgegeben, den Start des Fabrikbaus zu verschieben. Das
Unternehmen hat in den USA zwei Großprojekte laufen: die
Erweiterung seiner Chipfertigung im Werk Marcy/New York und eine
neue Waferfabrik in North Carolina. Für letztere erhielt
Wolfspeed vergangene Woche die Zusage für 750 Millionen Dollar
staatlicher Zuschüsse - unter der Bedingung, dass Wolfspeed
seine Finanzen in Ordnung bringt und das Geld der Steuerzahler
abgesichert wird. Wolfspeed erklärte, drei Investmentfonds als
Co-Finanzierer von weiteren 750 Millionen Dollar an der Hand zu
haben. Es sei außerdem eine Steuererstattung von einer Milliarde
Dollar zu erwarten. Neue Mittel sollen aufgenommen und
Zinszahlungen verschoben werden. Anleger zweifeln an den
Aussichten wegen des verlangsamten Umstiegs auf E-Autos, so dass
die Aktie in diesem Jahr schon drei Viertel an Wert verlor.
Das Kriechtempo bei E-Autos bringt auch den zweitgrößten
deutschen Zulieferer ZF mächtig unter Druck. Nach hohen
Investitionen in die E-Antriebstechnik rufen die Autobauer nicht
die erwarteten Stückzahlen ab. Der Stiftungskonzern hat deshalb
angekündigt, bis 2028 jeden vierten der 54.000 Arbeitsplätze in
Deutschland abzubauen und kürzlich die Gewinnprognose gesenkt.

(Bericht von Ilona Wissenbach, Miranda Murray, David Shepardson, redigiert von Kirsti Knolle und Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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