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22.10.2024 /14:07:11
Ökonom zu Chipfabrik: Wettbewerbsfähigkeit nicht herbeisubventionieren

Berlin, 22. Okt (Reuters) - Der Ökonom Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sieht im drohenden Aus für die geplante Chipfabrik des US-Unternehmens Wolfspeed <WOLF.N> im Saarland einen Beleg für die verfehlte Wirtschaftspolitik in Deutschland. "Es bestätigt sich, dass Wettbewerbsfähigkeit nicht herbei subventioniert werden kann - schon gar nicht in so einer zyklischen Branche wie der Chipindustrie", sagte der IfW-Direktor am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Der Staat hat eben keinen Wissensvorsprung gegenüber privaten Investoren." Diese hätten starke Anreize, Risiken bei Investitionen abzuwägen, da sie ihr eigenes Geld einsetzen müssten. "Die hat der Staat nicht, denn Politiker müssen nicht haften, sollten sich ihre Subventionen als Flop erweisen."

Der kriselnde Autozulieferer ZF Friedrichshafen zieht sich nach Informationen aus Branchenkreisen vom Projekt einer Chipfabrik des US-Unternehmens Wolfspeed im Saarland zurück. Wolfspeed habe den Plan für das Werk wegen schwacher Nachfrage nach Elektroautos auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt, erklärte ein mit dem Vorgang Vertrauter der Nachrichtenagentur Reuters. "Sie wissen nicht, ob der Markteintritt in Europa noch sinnvoll ist." Als erstes hatte das "Handelsblatt" über den Rückzug berichtet, der das Ende des milliardenschweren Fabrikplans bedeute. Zuvor hatte Intel <INTC.O> aufgrund seines Sparprogramms den geplanten Bau der Chipfabrik in Magdeburg verschoben, die der Bund mit zehn Milliarden Euro fördern wollte.

Die Subventionen wurden auch damit begründet, sich bei Halbleitern unabhängiger von Asien zu machen. "Die Chips bekommt der, der die höchsten Marktpreise bezahlt und nicht der, der zuvor die höchsten Subventionen gewährt hat", sagte Kooths dazu. Das ließe sich nur durch Exportbeschränkungen verhindern, was jedoch Deutschland als Investitionsstandort massiv schaden würde. "Sicherheit bekommt man durch eine Diversifizierung der Lieferketten", sagte der Experte. "Diese wiederum stärkt man nicht durch ein Lieferkettengesetz, das die Bewirtschaftung jeder einzelnen Lieferkette verteuert."

Mit dem nun womöglich frei werdenden Steuergeldern sollten dem IfW-Ökonomen zufolge keine Haushaltslöcher gestopft werden. "Alles, was den Standort allgemein stärkt, sollte jetzt im Fokus stehen", schlägt er stattdessen vor. "Das reicht von einer Senkung der Abgabenquote bis hin zu einer besseren frühkindlichen Bildung."

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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