Nachricht


18.10.2024 /16:00:00
Regierungskreise: Fast alle Solar-Betreiber sollen Strom selbst vermarkten

Berlin, 18. Okt (Reuters) - Angesichts des rasanten Ökostrom-Wachstums will die Regierung nun fast alle Betreiber von Wind- und Solaranlagen zum selbstständigen Vermarkten ihres Stroms zwingen. Die Erneuerbaren hätten inzwischen einen Anteil von fast 60 Prozent am Verbrauch und dieser werde bis 2030 auf 80 Prozent wachsen, verlautete am Freitag aus dem Wirtschaftsministerium. "Das bedeutet, sie müssen vollständig in die Strommärkte eingebunden werden ? auch die kleineren Anlagen", heißt es in einem Papier des Hauses. Mittelgroße und kleinere Anlagen unter 100-Kilowatt-Leistung konnten bislang ihren Strom zu festen, garantierten Preisen über 20 Jahre an den Netzbetreiber verkaufen. Künftig sollen alle neuen Anlagen bis hinab zu 25-Kilowatt-Leistung ihren Strom selbst direkt vermarkten. Dafür werde man ein einfaches System mit geringen technischen Anforderungen schaffen, hieß es weiter.

Hintergrund ist, dass die Erneuerbaren zwar schnell wachsen, es jedoch immer häufiger gerade in der Mittagszeit im Sommer aufgrund vieler Solaranlagen einen Stromüberschuss gibt. Dieser gefährdet die Netzstabilität und führt am Markt zu negativen Preisen. Das heißt, der Abnehmer von Strom bekommt sogar Geld, statt zu zahlen. Die Kosten werden dann auf alle Stromkunden umgelegt. Der Betreiber der Anlage erhält aber weiter die garantierten Abnahmepreise.

Strom aus Wind- und großen Solarparks wurde allerdings in der Vergangenheit bereits weit überwiegend selbst vermarktet. Denn hier haben die Betreiber die Chance, am Markt auch höhere Erlöse zu erzielen, als die garantierten Abnahmepreise. Bei einer längeren Flaute am Markt hätten sie aber auch wieder auf die Garantiepreise zurückfallen können.

Um Druck und Interesse an Selbstvermarktung oder Selbstverbrauch des Stroms zu erhöhen, soll den Kreisen zufolge bei negativen Preisen keine Vergütung mehr gezahlt werden. Damit werden auch Speicher attraktiver, die die Energie in Zeiten höherer Preise wieder abgeben können.

Im Ministerium wird betont, dass die Neuregelungen für Neu-Anlagen gelten sollen. Es gebe Bestandsschutz für Kraftwerke, die schon laufen und die ihren Strom mit Garantiepreisen ins Netz speisen. Ausnahmen soll es zudem für sehr kleine Solar-Anlagen wie etwa auf Reihenhaus-Dächern oder für die zuletzt populären Balkon-Kraftwerke geben. Bei Neuanlagen sollen die Kosten für den für die Selbstvermarktung nötigen Mess- und Steuerungseinrichtungen für die Betreiber gering bleiben. Insgesamt werde das Stromsystem dadurch aber für alle billiger. Negative Preise müssten nicht mehr ausgeglichen und die Netze nicht so stark ausgebaut werden. Zudem werde der erneuerbare Strom den Marktpreis dann vor allem zu Spitzenzeiten drücken.

(Bericht von: Markus Wacket Redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Hinsichtlich weiterer Informationen und einer gegebenenfalls erforderlichen Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte nach § 85 WpHG der für die Erstellung der zugrunde liegenden Finanzinformationen oder Analysen verantwortlichen Unternehmen wird auf das Informationsangebot dieser Unternehmen (Internetseite und andere Informationskanäle) verwiesen.