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22.10.2024 /14:43:05
FOKUS 1-Wasserstoff-Kernnetz kann gebaut werden - Kosten bis 2032 von 19 Mrd

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Genehmigung für Kernnetz-Bau erteilt

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Bau und Betrieb wird privatwirtschaftlich organisiert

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Finanzierung über Entgelte von Nutzern

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Wasserstoff soll Industrieprozesse klimaneutral machen
 
(neu: Reaktionen)
Berlin, 22. Okt (Reuters) - Das Kernnetz für die
geplante Verteilung von Wasserstoff in Deutschland kann gebaut
werden. Die entsprechende Genehmigung dafür liege mittlerweile
vor, teilten das Bundeswirtschaftsministerium, die
Bundesnetzagentur sowie die Vereinigung der
Fernleitungsnetzbetreiber am Dienstag in Berlin mit. Es soll
alle 16 Bundesländer verbinden, 13 Knotenpunkte an den deutschen
Grenzen für den Import haben und bis 2032 fertiggestellt werden.
Vorgesehen sind insgesamt 9040 Kilometer und Kosten von knapp 19
Milliarden Euro. Das sind 800 Millionen Euro weniger als
ursprünglich geplant. Die deutsche Industrie reagierte positiv,
mahnte aber weitere Anstrengungen an.

Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle, um die Energieversorgung und Industrieprozesse klimaneutral zu machen. "Deutschland ist damit Vorreiter in Europa", sagte Wirtschaftsminister und Grünen-Politiker Robert Habeck. "Bereits im kommenden Jahr werden erste Wasserstoff-Leitungen des Kernnetzes in Betrieb gehen." Der Aufbau erfolge dann schrittweise. Es sei aber größer als der Bedarf im Jahr 2032 angelegt. Kritiker monieren, dass nicht genügend Wasserstoff zur Verfügung steht und dieser noch sehr teuer ist.

Das Kernnetz, das etwas kleiner ausfällt als zunächst angedacht, ist vergleichbar mit dem Autobahnnetz. Die Landes- und Kreisstraßen - also die Wasserstoffanbindungen bestimmter Konzerne oder Kraftwerke - müssen noch angegangen werden.



JETZT GEHT ES UM DIEVERTEILERNETZE
 
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sprach von
einem wichtigen Signal. Allerdings seien im Kernnetz 660
Kilometer gestrichen worden. Es brauche Wasserstoff in
ausreichender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen. Der
Stromlobbyverband BDEW betonte, im nächsten Schritt gehe es dann
um die Leitungen vom Kernnetz zum Kunden. "Derzeit sind rund 1,8
Millionen industrielle und gewerbliche Letztverbraucher an das
Gasverteilnetz angebunden -Kunden, die potenziell auch an
einer klimaneutralen Wasserstoff-Versorgung interessiert sind."

Deutschland wird den Großteil seines Wasserstoffbedarfs über Importe abdecken müssen. Umgesetzt werden die Pläne von den Fernleitungsnetzbetreibern, die 18,9 Milliarden Euro bis zum Jahr 2032 investieren wollen. Der Bund bietet eine finanzielle Absicherung gegen unvorhersehbare Entwicklungen. Die eigentliche Finanzierung soll zum größten Teil aber über Entgelte der Nutzer erfolgen. Diese sind allerdings gedeckelt. Ein Ausgleichskonto soll dafür sorgen, dass Mindereinnahmen in der Startphase durch spätere Mehreinnahmen kompensiert werden.

Netzagentur-Chef Klaus Müller sagte, es würden nur Erdgasleitungen auf Wasserstoff umgestellt, die nicht mehr für den Gastransport benötigt werden. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, würden knapp zwei Milliarden Euro investiert - in zusätzliche Erdgasleitungen. Insgesamt werden beim Wasserstoffnetz 60 Prozent der Leitungen vom bisherigen Erdgas-Betrieb umgestellt. Die restlichen 40 Prozent werden neu gebaut. 2032 soll die geplante Einspeiseleitung 101 Gigawatt betragen.

Wasserstoff soll bei der klimafreundlichen Transformation besonders für Industrie sowie Luft- und Schiffsverkehr eine tragende Rolle zukommen. Wasserstoff ist speicherbar und kann in manchen Industrieprozessen Kohle oder Öl ersetzen, was mit Strom nicht möglich wäre. Auf längere Sicht soll der Wasserstoff grün sein, also mit Wind- oder Sonnenenergie erzeugt werden. Zunächst kann aber auch blauer Wasserstoff eine größere Rolle spielen. Dieser wird mit Erdgas produziert, das anfallende Klimagas CO2 unterirdisch abgespeichert. Importiert werden soll vor allem über Pipelines, die aus Norwegen, Großbritannien und Dänemark nach Deutschland führen sollen.

(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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