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18.09.2024 /10:15:56
FOKUS 1-Weniger Wohnungsbau-Genehmigungen - "Wende nicht in Sicht"

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Minus von 19,2 Prozent zu Beginn der zweiten Jahreshälfte

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Branchenverband: Auf Niveau von 2012 zurückgefallen

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Ökonom: Nur etwa 200.000 Wohnungen pro Jahr erwartbar
 
(neu: mit Bauindustrie, Details)
Berlin, 18. Sep (Reuters) - Der Abwärtstrend bei den
Baugenehmigungen für Wohnungen hat sich zu Beginn der zweiten
Jahreshälfte fortgesetzt. Deren Zahl sank im Juli im Vergleich
zum Vorjahresmonat um 19,2 Prozent auf 17.000, wie das
Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Gemessen am Juli
2022 waren das 44,6 Prozent weniger. Die gestiegenen
Finanzierungs- und Baukosten gelten als Gründe für den
Abwärtstrend. Branchenverbände klagen zudem über zu viel
Bürokratie.

"Nach nunmehr 27 Monaten eines ununterbrochenen Rückgangs ? davon die letzten 22 Monate mit zweistelligen Abnahmen ? haben wir mittlerweile wieder das Genehmigungsniveau vom Februar 2012 erreicht", kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, die Entwicklung. "Schlimmer noch: Eine Trendwende ist nicht in Sicht." Im Zangengriff hoher Zinsen und Baukosten bleibe die Branche auf der Strecke.



"WOHNUNGSNOT WIRD ANHALTEN"

Experten zufolge dürfte die Bundesregierung ihr Wohnungsbauziel in diesem Jahr erneut deutlich verfehlen. Sie strebt eigentlich 400.000 Einheiten im Jahr an. Von Januar bis Juli wurden 123.600 Wohnungen genehmigt - 20,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. "Das aktuelle Niveau der Baugenehmigungen entspricht nur rund 200.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Sebastian Dullien. "Die Wohnungsnot in den deutschen Ballungsgebieten wird damit absehbar anhalten." Eine Trendwende dürfte frühestens im späteren Jahresverlauf 2025 einsetzen, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen spürbar gesenkt habe und dies auch auf die Baunachfrage durchschlage.

Bei Einfamilienhäusern fiel der Rückgang der
Baugenehmigungen im Juli am stärksten aus: Hier gab es einen
Einbruch von 28,4 Prozent auf 22.100. Bei Zweifamilienhäusern
wurde ein Minus von 14,7 Prozent auf 7600 gemeldet. Auch bei den
Mehrfamilienhäusern - der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart -
verringerte sich die Zahl der Bauzusagen deutlich: Hier ging es
um 21,6 Prozent auf 65.600 Wohnungen nach unten.

Eine rasche Besserung ist unwahrscheinlich, denn der Auftragsmangel im Wohnungsbau hat im August kaum abgenommen. 50,6 Prozent der Unternehmen klagten darüber - nach 51,3 Prozent im Juli, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner Umfrage unter Führungskräften herausfand. Der Anteil verharrt seit neun Monaten über der 50-Prozent-Marke. "Die Krise im Wohnungsbau wird sich noch lange hinziehen", sagte Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe voraus. "Die Unternehmen suchen weiterhin nach Hoffnungssignalen."

(Bericht von René Wagner, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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