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Söder: FPÖ-Stärke Beleg für Ablehnung einer schwarz-grünen Koalition
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SPD-Fraktionsvize: Konservative sind Steigbügel für Rechtsparteien
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AfD fordert Ende der Brandmauer, Söder hält dagegen | |
(Durchgehend neu) | |
Seeon, 06. Jan (Reuters) - Die deutschen Parteien haben | |
mit Besorgnis auf die mögliche Ernennung eines rechtsgerichteten | |
FPÖ-Bundeskanzlers in Österreich reagiert. Allerdings löste die | |
Regierungsbildung gegenseitige Vorwürfe zwischen Union, SPD und | |
AfD aus. | "Österreich ist schlichtweg ein Warnsignal für |
Deutschland", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am | |
Montag zum Auftakt der dreitägigen Klausurtagung der | |
Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon. CSU-Chef Markus | |
Söder sieht im Erstarken der FPÖ auch einen Beleg für seine | |
Ablehnung eines schwarz-grünen Bündnisses im Bund. Die SPD | |
kritisierte dagegen, dass die konservative ÖVP, die | |
Schwesterpartei von CDU und CSU, zum Steigbügelhalter einer | |
Rechtsaußenpartei werde. |
In Österreich hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die rechte FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt, nachdem Koalitionsverhandlungen der konservativen ÖVP mit Sozialdemokraten und liberalen Neos gescheitert waren. Die ÖVP gilt nun als möglicher Juniorpartner der FPÖ.
"Die konservative Partei in Österreich macht sich derzeit zum Steigbügelhalter der rechtspopulistischen FPÖ. Nach den Anbiederungen von EVP-Chef Manfred Weber an die Rechtsaußen-Parteien in Europa in den letzten Monaten reißt die konservative Parteienfamilie fleißig weiter die Brandmauer nach rechts ein", kritisierte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Post. Er erwarte von der CDU eine klare Abgrenzung von dem Verhalten der österreichischen Konservativen. "Österreich ist ein Lackmusstest der konservativen Parteienfamilie, ob sie einen Kuschelkurs mit Rechtsaußen fahren oder eine Partei der demokratischen Mitte sein möchte." Die CDU wollte sich nicht zu den Vorgängen im Nachbarland äußern. CSU-Chef Söder betonte dagegen in Seeon, dass er eine solche Entwicklung in Deutschland nicht wolle. Er verwies aber darauf, dass die FPÖ in Österreich in der Vergangenheit bereits an einer Bundesregierung und auch etlichen Landesregierungen beteiligt gewesen sei - auch mit den österreichischen Sozialdemokraten.
Er erneute seine Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der AfD, der er eine Deindustrialisierung Deutschlands vorwarf. "Deutsche Rechtspopulisten sind immer noch mal schlimmer. Die schlimmsten von allen", sagte Bayerns Ministerpräsident zur AfD. Söder verwies auf den Rechtsruck bei früheren Wahlen in anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden und Italien. Dort hätten "Populisten" besser abgeschnitten als die in der Europäischen Volkspartei (EVP) zusammengeschlossenen Konservativen. "Und ich habe keine Lust, niemals, dass wir am Ende Steigbügelhalter werden für irgendwelche Populisten. Sondern wir wollen den Richtungswechsel und den Politikwechsel selbst organisieren." Österreichische Regierungen hätten nicht den Mut zu einer grundlegenden Wende in der Asylpolitik gehabt. Deshalb strebe die Union dies nach der Bundestagswahl an.
Die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel appellierte dagegen an Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, sich nicht weiter gegen die AfD abzugrenzen. "Der krachende Zusammenbruch der in Österreich von der ÖVP gegen die FPÖ errichteten Brandmauer aus Wahlverlierern sollte der Union und Friedrich Merz ein warnendes Beispiel sein", teilte sie mit. Wer versuche, den Wählerwillen zu ignorieren, beschädige die Demokratie, fügte sie in Anspielung darauf hinzu, dass die FPÖ stärkste Partei im Parlament in Wien geworden ist. "Auch die von Friedrich Merz auf Druck der linken Parteien in Deutschland errichtete Brandmauer gegen die AfD wird keinen Bestand haben." In Deutschland lehnen alle andere im Bundestag vertretenen Parteien eine Koalition mit der AfD ab, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird.
(Bericht von Andreas Rinke, Jörn Poltz; redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)