23. Okt (Reuters) - Der neue Chef des US-Flugzeugbauers Boeing <BA.N> will das von Streik und Produktionsproblemen gelähmte Unternehmen mit einem Sanierungsplan aus der Krise ziehen. Die mit Technikproblemen behafteten Flugzeugmodelle Boeing 737 MAX und 777 sowie das Verteidigungsgeschäft müssten auf Vordermann gebracht und der Konzern stabilisiert werden, sagte Vorstandschef Kelly Ortberg am Mittwoch. Boeing stehe "am Scheideweg", nachdem das Unternehmen Kunden enttäuscht und das Vertrauen gelitten habe. "Dies ist ein großes Schiff, das einige Zeit braucht, um zu wenden - aber wenn es das tut, hat es das Potenzial, wieder großartig zu sein", erklärte Ortberg anlässlich der Veröffentlichung seiner ersten Quartalsbilanz.
Im dritten Quartal schrieb Boeing tiefrote Zahlen, wie das Unternehmen kürzlich nach Eckdaten bereits mitgeteilt hatte. Von Juli bis September machte der Flugzeugbauer 6,17 Milliarden Dollar Verlust bei 17,8 Milliarden Dollar Umsatz. Per Ende September kletterte der Fehlbetrag auf acht Milliarden Dollar.
Der neue Boeing-Chef forderte einen "grundlegenden Kulturwandel" bei dem Airbus <AIR.PA>-Konkurrenten ein. Die Zusammenarbeit müsse verbessert werden. Der Veränderungsprozess sei bereits im Gange. Ortberg will die Bilanz sanieren, das Portfolio des Flugzeugbauers straffen und die Entwicklung verbessern. Auf eine mögliche Kapitalerhöhung, die sich Insidern zufolge auf 15 Milliarden Dollar belaufen könnte, ging er nicht ein. Vor gut einer Woche hatte Boeing den Abbau von zehn Prozent seiner Belegschaft angekündigt, was etwa 17.000 Arbeitsplätzen entspricht. Man müsse die Personalsituation an die finanziellen Realitäten anpassen, hatte es geheißen.
Boeing schlittert seit Jahren von einer Krise in die nächste. Im Januar hatte sich in einer Boeing 737 MAX mitten im Flug ein Teil der Kabinenwand gelöst. Auch bei der neuen Boeing 777 gibt es jahrelange Verzögerungen bei der Auslieferung wegen Technikproblemen. Airlines weltweit warten händeringend auf neue, effizientere Maschinen - so auch die Lufthansa <LHAG.DE> als erster Abnehmer der 777X. Boeing-Zulieferer geraten in Schwierigkeiten. Der Druck auf den Vorstand stieg enorm und sorgte letztlich für den Wechsel an der Konzernspitze im Sommer.
Zudem streiken seit Mitte September rund 33.000 gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte. Sie stimmen am Mittwoch bis 19.00 Uhr MESZ über die kürzlich angebotene Lohnsteigerung von 35 Prozent über vier Jahre ab. Die Gewerkschaft IAM hatte 40 Prozent gefordert. Der Ausstand, der die Produktion der Boeing 737 MAX beeinträchtigt, kostet den Konzern schon mehr als eine Milliarde Dollar.
(Bericht von Allison Lampert in Montreal, Abhijith Ganapavaram in Bangalore, geschrieben von Ilona Wissenbach. Redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)