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08.01.2025 /14:48:50
FOKUS 1-Merz verlangt von Koalitionspartner Politikwende

(Durchweg neu)

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CDU und CSU beginnen in Seeon heiße Phase des Wahlkampfs

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CDU-Chef: Distanz zu Grünen gewachsen

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Söder pocht auf klare Wende in Migrationspolitik

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Differenzen bei Mütterrente, Wehretat und Taurus
 
- von Andreas Rinke und Jörn Poltz
Seeon, 08. Jan (Reuters) - Die Union ist mit klaren
Anforderungen an mögliche künftige Koalitionspartner in die
heiße Phase des Bundestagswahlkampfes gestartet. "Es wird ein
Ende dieser Wirtschaftspolitik geben. Es wird ein Ende dieser
Einwanderungspolitik geben. Es wird ein Ende dieser naiven
Außenpolitik geben", sagte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz
am Mittwoch auf der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im
Bundestag im bayrischen Kloster Seeon für den Fall eines
Wahlsieges der Union am 23. Februar. "Deswegen müssen sich alle
diejenigen, die mit uns regieren wollen, die Frage stellen, ob
sie sich in diesen Fragen ändern wollen oder nicht. Wenn sie
sich nicht ändern wollen, dann bleiben sie am Wegesrande
stehen", fügte er hinzu. CDU und CSU liegen derzeit in Umfragen
deutlich an erster Stelle.

Merz betonte zudem eine wachsende Distanz zu den Grünen, mit denen die CSU eine Koalition sogar ausschließt. Über Weihnachten habe er sich nochmals mit der Wirtschaftspolitik von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck beschäftigt, dem er eine katastrophale Bilanz bescheinigte.

Der CDU-Chef nannte mehrere Bereiche, in denen die Union auf einen Politikwechsel bestehe: Er werde im Falle eines Wahlsiegs eine umfassende Steuerreform in vier Stufen bis 2029 angehen, sich in der EU für einen massiven Bürokratieabbau einsetzen, in der Arbeitsmarktpolitik etwa das Bürgergeld abschaffen, die Sicherheit Deutschlands sowie die europa- und weltpolitische Rolle Deutschlands stärken. CSU-Chef Markus Söder fügte hinzu, dass die Union die Migrationspolitik drastisch verschärfen werde. Eine Koalition mit der AfD schloss Merz nach Teilnehmerangaben auch in Seeon in den Beratungen mit der CSU kategorisch aus.

Söder mahnte in Anspielung auf die Entwicklung in Österreich und der dort absehbaren Wahl eines rechtsgerichteten FPÖ-Bundeskanzlers, dass es nach der Bundestagswahl in Deutschland nicht nur zu einem Ämter-, sondern einem Richtungswechsel kommen müsse. "Dies ist elementar entscheidend, damit es uns nicht in Deutschland geht wie in anderen Ländern in Europa." Weil ein Politikwechsel oft ausgeblieben sei, seien Populisten immer stärker geworden.

Merz warnte davor, dass Deutschland auf eine "disruptive" Politik des künftigen US-Präsidenten Donald Trump vorbereitet sein müsse. Dessen Forderung nach Verteidigungsausgaben der Nato-Partner in Höhe von fünf Prozent der Wirtschaftsleistung sieht er skeptisch, weil diese Zahlen nur Messgrößen seien. Allerdings zeigte sich hier eine Differenz zwischen Merz und Söder. Der CSU-Chef hatte sich für eine weitere Erhöhung der Rüstungsausgaben auf drei Prozent ausgesprochen, obwohl dies einen Wehretat in Höhe von rund 120 Milliarden Euro bedeuten würde.

"Wir müssen uns darauf einstellen, dass Europa selbstständiger, handlungsfähiger werden muss", mahnte aber auch Merz. "Europa muss weltpolitikfähig werden, und dazu muss Deutschland einen Beitrag leisten." Er würde als Kanzler darin einen großen Teil seiner Arbeitskraft investieren.

In der Migrationspolitik distanzierte sich der CDU-Chef deutlich von der früheren CDU-Kanzlerin Angela Merkel. "Die illegale Migration muss gestoppt werden, und die legale Migration muss gesteuert werden", sagte er. Er wisse, welche Fehler gerade seine CDU in den Jahren 2015, 2016 und 2017 gemacht habe. "Wir wollen diese Fehler nicht nur nicht wiederholen, wir wollen unsere Politik und wir werden unsere Politik in dieser Frage grundlegend korrigieren." Er fühle sich dabei nicht von der AfD getrieben.

Leichte Differenzen zeigten sich bei den Themen Mütterrente und der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Merz sagte, dass die weitere Anhebung der Mütterrente vor allem ein Projekt der CSU sei. Er habe bei der Mütterrente "einen anderen Schwerpunkt", sehe die Forderung aber mit Sympathie. In der CSU hatte es zuvor geheißen, die CDU sei einverstanden gewesen.

Söder ließ Merz wiederum freie Hand bei der Entscheidung, ob dieser als Kanzler Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern würde. Merz selbst sagte, er werde dies in Abstimmung mit westlichen Verbündeten entscheiden. Kanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt dies wegen der Gefahr einer Eskalation im Krieg zwischen Russland und der Ukraine ab.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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