*
ZEW-Chef: Keine systematische Verbesserung des Standorts |
*
Fuest: Instrument sollte möglichst wenig Bürokratie haben |
*
Südekum sieht Vorteil einer höheren Treffsicherheit |
(neu: mit IfW-Präsident Schularick) |
Berlin, 23. Okt (Reuters) - Der von |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgeschlagene |
Deutschlandfonds mit Prämien für Investitionen stößt bei |
führenden Ökonomen auf ein geteiltes Echo. "Der geplante |
Deutschlandfonds kann Investitionen anregen, stellt aber keine |
systematische Verbesserung des Standorts dar", sagte der |
Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung |
(ZEW), Achim Wambach, am Mittwoch der Nachrichtenagentur |
Reuters. "Hohe Steuern von den Unternehmen verlangen, aber |
gleichzeitig Subventionen für Investitionen zu geben, ist keine |
nachhaltige Wirtschaftspolitik." Hinzu komme die europäische |
Dimension: Subventionen verzerrten den Wettbewerb in Europa und |
wären ein Einfallstor für einen innereuropäischen |
Subventionswettlauf. Angesichts des massiven Investitionsbedarfs |
in Infrastruktur wäre zu empfehlen, die Idee eines |
Deutschlandfonds aufzugreifen und die Mittel für |
Infrastrukturprojekte zu verwenden, sagte Wambach. |
Ifo-Präsident Clemens Fuest hält zusätzliche steuerliche Investitionsanreize angesichts der niedrigen und weiter sinkenden Investitionen für gut begründet. "Es sollte allerdings ein Instrument mit möglichst wenig Bürokratie sein", sagte der Chef des Münchner Instituts. "Wenn die Investitionsprämie analog zur Abschreibung im Rahmen der Steuererklärung gewährt wird, ist das so ein Instrument." Der Unterschied zur beschleunigten Abschreibung oder zur Steuersatzsenkung liege darin, dass auch die Unternehmen unmittelbar profitierten, die Verluste machten. "Warum man dafür einen neuen 'Fonds' schaffen muss, ist unklar - es sei denn, man möchte das mit Krediten finanzieren und eine Sonderverschuldung aufnehmen", sagte Fuest.
Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge bringt das Konzept "dringend benötigten Schwung in die Debatte um die notwendigen Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft", wie dessen Präsident Moritz Schularick betonte. "Das ambitionierte Papier setzt zu Recht auf eine angebotsseitige Stärkung der deutschen Wirtschaft, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen." Schuldig bleibt Habeck allerdings die Antwort auf die Frage nach der Umsetzung und der Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen im aktuellen politischen Umfeld.
Mit seinem Vorschlag nimmt Habeck nach den Worten des Düsseldorfer Wettbewerbsökonomen Jens Südekum den Impuls von Mario Draghi auf, der im Auftrag der EU-Kommission die Lage der europäischen Wirtschaft analysiert hatte. Genau wie der ehemalige EZB-Präsident fokussiere sich auch das Habeck-Papier auf Strukturreformen. "So geht es zum Beispiel um schlankeren Datenschutz, weniger Bürokratie und Berichtspflichten für Unternehmen und bessere Arbeitsanreize, insbesondere für Frauen durch ein besseres Kita-Angebot", sagte der Professor für International Economics am Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE).
Die im Deutschlandfonds vorgeschlagene Steuerprämie für alle privaten Ausrüstungsinvestitionen (ohne Bau) kursiere schon länger in der Fachwelt. "Gegenüber einer nominalen Senkung der Unternehmenssteuersätze hat es den Vorteil einer höheren Treffsicherheit", sagte Südekum. "So werden nicht alle Unternehmen pauschal mit der Gießkanne entlastet, was für den Staat sehr teuer wäre." Stattdessen würden gezielt die Unternehmen steuerlich entlastet, die tatsächlich investierten. "Das Instrument richtet sich an alle Branchen, an kleine wie große Unternehmen und es gibt auch nicht vor, in welchen Bereichen investiert werden soll", sagte Südekum. "Grundsätzlich werden alle Investitionen gefördert ? das ist auch richtig so, denn Deutschland hat einen generellen Investitionsrückstand."
Zentrales Problem sei die Finanzierung. Im Haushalt 2025 und im Rahmen der Schuldenbremse werde die Investitionsprämie nicht finanzierbar sein. "Sie führt in den ersten Jahren zu Steuereinnahmeausfälle im zweistelligen Milliardenbereich, während sich das Wachstum und die Erträge erst in den Folgejahren einstellen werden", sagte Südekum. SPD und Grüne müssten auf die Union zugehen und nach einer gemeinsamen Finanzierungslösung suchen, etwa durch ein im Grundgesetz verankertes Sondervermögen. Die FDP müsse dabei nicht mitmachen, sie werde für eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nicht gebraucht.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)