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Rauchwolken über Tyros |
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Palästinenser: Israel blockiert Hilfslieferungen |
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Blinken sieht Chancen nach Tod von Hamas-Chef |
Tel Aviv/Beirut, 23. Okt (Reuters) - Israel treibt |
Angriffe im Gazastreifen und im Libanon ungeachtet neuer |
Friedensbemühungen von US-Außenminister Antony Blinken voran. Am |
Mittwoch wurde erstmals die Hafenstadt Tyros im Süden des |
Nachbarlandes bombardiert. Die israelische Armee kündigte neue, |
begrenzte Angriffe in der Grenzregion auf die libanesische |
Hisbollah an. Im Gazastreifen meldeten Palästinenser 20 Tote |
durch israelische Angriffe an mehreren Orten. Blinken reiste |
nach Gesprächen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu |
in die saudiarabische Hauptstadt Riad. |
Über Tyros stiegen große Rauchwolken auf. Etwa drei Stunden nach der Aufforderung zur Räumung von Teilen des Stadtzentrums wurde der als Weltkulturerbe eingestufte Hafen bombardiert. In den vergangenen Wochen hatten bereits Zehntausende Menschen Tyros verlassen, als sich die Dimensionen der israelischen Offensive abzeichneten.
Das israelische Militär nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Tagen rund 70 Kämpfer der Hisbollah-Miliz getötet. Darunter seien auch drei Kommandeure. Am Dienstag hatte Israel die Tötung des mutmaßlichen Nachfolgers von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bestätigt. Demnach wurde sein Cousin Haschem Safieddine bereits vor drei Wochen bei einem Luftangriff auf die libanesische Hauptstadt getötet. "Wir werden jeden erreichen, der die Sicherheit der Bevölkerung des Staates Israel bedroht", drohte Armeechef Herzi Halewi.
Auch im Gazastreifen setzte die israelische Armee ihre Angriffe fort. Nach Angaben palästinensischer Sanitäter starben zwölf Menschen bei Luftangriffen auf Gaza-Stadt. Demnach wurden bei einem Luftangriff auf Deir Al-Balah im Zentrum der Region zwei weitere Palästinenser getötet. Zwei Opfer gab es auch nach Angriffen in Beit Lahija.
Im Norden Gazas berichteten Einwohner, israelische Soldaten hätten Krankenhäuser, Schulen und Unterkünfte von Vertriebenen umstellt. Dutzende Männer seien festgenommen worden. Die Menschen seien aufgefordert worden, die Gegend zu verlassen. Die UN und die USA forderten Israel angesichts einer drohenden Hungersnot erneut auf, mehr humanitäre Hilfe in den Norden Gazas zu lassen. Israel erklärte dazu, in den vergangenen acht Tagen seien 237 Lastwagen dorthin gefahren. Einwohner sagten jedoch, Hilfen für Dschabalia, Beit Hanun und Beit Lahija seien blockiert worden.
In der Region im Norden hat die Armee vor über zwei Wochen eine Bodenoffensive begonnen. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde liegend Dutzende Leichen in und um Dschabalia auf Straßen und unter Trümmern. Demnach sind seit Beginn der erneuten israelischen Angriffe mindestens 650 Menschen getötet worden.
In beiden Kampfgebieten steigen die Zahlen der Opfer. Im Gazastreifen meldete die Gesundheitsbehörde, die Zahl der Toten sei auf 42.782 angestiegen. Die libanesische Regierung erklärte, bislang seien 2530 Menschen durch die Angriffe gestorben. Da der Gazastreifen in großen Teilen unbewohnbar ist, sind viele seiner über zwei Millionen Einwohner obdachlos. Im Libanon flohen bislang mindestens 1,2 Millionen Menschen vor den Kämpfen. Nach Angaben der libanesischen Regierung starben bislang 2530 Menschen. Ausgelöst wurde der Krieg durch den Überfall der radikal-islamischen Hamas auf israelisches Grenzgebiet am 07. Oktober 2023. Nach Angaben der Regierung in Jerusalem wurden dabei 1200 Menschen getötet und rund 250 als Geiseln verschleppt.
Blinken rief die israelische Regierung auf, Chancen auf einen Frieden nach dem Tod des Hardliners und Hamas-Chefs Jahja Sinwar zu nutzen: "Jetzt ist der Moment, diese Erfolge in einen dauerhaften strategischen Erfolg umzuwandeln. Und es gibt wirklich nur noch zwei Dinge zu tun: die Geiseln nach Hause bringen und den Krieg mit einer Vorstellung davon beenden, was folgen wird", sagte Blinken in Tel Aviv vor seinem Abflug nach Riad. Blinken bekräftigte, die USA lehnten eine dauerhafte Besetzung des Gazastreifens ab. Netanjahu hat noch keine Pläne für eine Nachkriegsordnung vorgelegt. Rechtsextreme Mitglieder seines Kabinetts fordern die Annexion des Gazastreifens und des Westjordanlands.
(Bericht von Nidal al-Mughrabi, Laila Bassam, Maya Gebeily, Amina Ismail, Maayan Lubell und Jonathan Saul, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)