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12.05.2025 /12:50:06
TOP-THEMA-Bas soll mit Klingbeil SPD führen - Klüssendorf Generalsekretär

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Klingbeil will Parteichef bleiben

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Bas hat Unterstützung in allen Partei-Strömungen

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Parteilinker Klüssendorf als Generalsekretär

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Bas will soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen

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Klüssendorf: Mache Umverteilung zu Thema für SPD-Programm

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Bas und Klüssendorf gelten als Gegengewicht zu Klingbeil
 
(Neu: Klingbeil, Bas, Klüssendorf)
- von Markus Wacket
Berlin, 12. Mai (Reuters) -

Die SPD will mit Arbeitsministerin Bärbel Bas und Vize-Kanzler Lars Klingbeil an der Spitze ihre Schlappe bei der Bundestagswahl wettmachen. Bas kündigte am Montag an, als Co-Vorsitzende mit Unterstützung von SPD-Präsidium und Vorstand beim Parteitag Ende Juni zu kandidieren. Co-Chef Klingbeil sagte, dass er erneut antreten und mit Bas die Doppelspitze bilden wolle. Generalsekretär soll der 33-jährige Tim Klüssendorf werden. Er gehört wie Bas zur Parteilinken. Der Posten war freigeworden, da Matthias Miersch zum Fraktionschef gewählt wurde. Klingbeil machte klar, dass man damit auch über die Wahlperiode hinausplane. "Wir wollen mehr sein als eine Regierungsbeteiligung", sagte er. "Die SPD ist eine Partei, die immer auch den Anspruch hat, programmatisch über eine Legislatur hinauszudenken."

Die frühere Bundestagspräsidentin Bas galt bereits seit
längerem als interessiert und Favoritin für den Posten der
Parteichefin. Der Weg ist frei, weil die umstrittene bisherige
Co-Chefin Saskia Esken am Sonntag ihren Verzicht auf eine neue
Kandidatur erklärt hatte. Bas kündigte an, sie wolle für soziale
Gerechtigkeit und auch Bildungsgerechtigkeit in der Partei
stehen. "Und für mich, auch aus der Erfahrung als
Bundestagspräsidentin, will ich sagen, der Kampf, unsere
Demokratie zu schützen, ist ein weiterer Auftrag, den ich auch
mit der SPD zusammenführen will."
 
Wie Esken gehört Bas zwar dem linken Parteiflügel an,
genießt aber auch bei der konservativen Parteiströmung des
"Seeheimer Kreises" Respekt. Zudem kommt die 57-Jährige aus dem
starken Landesverband Nordrhein-Westfalen, der sich in der
letzten Wahlperiode zu wenig in Berlin berücksichtigt sah.
 
BAS MIT IDEALTYPISCHER SPD-BIOGRAFIE
 
Schon die Biografie von Bas spiegelt vieles wider, das
lange als typisch für die Sozialdemokraten galt: Sie stammt aus
eher einfachen Verhältnissen und einer Familie mit sechs
Kindern. Ihr Vater war Busfahrer, die Mutter Hausfrau. Sie wuchs
in Duisburg-Walsum auf, ein Ortsteil geprägt durch die
Stahlindustrie. Das Ruhrgebiet gilt auch als Herzkammer der
Sozialdemokratie. Den Aufstieg schaffte sie ohne klassisches
Abitur und nach einigen Hindernissen. Ihr erster Berufswunsch
als technische Zeichnerin erfüllte sich nach zahlreichen Absagen
nicht. Sie machte zunächst eine Ausbildung bei der Duisburger
Verkehrsgesellschaft und bildete sich dann weiter fort.
 
Mit 20 Jahren trat sie in die SPD ein, engagierte sich
als Betriebsrätin und zunächst als Jugend- und
Azubi-Vertreterin. Sie habe nie mit ihrer Meinung hinterm Berg
gehalten und wenn man klare Positionen vertrete, werde man auch
gewählt, sagte sie einmal. So wurde sie Chefin des
Juso-Unterbezirks Duisburg und zog in den Stadtrat ein.
 
Seit 2009 ist sie im Bundestag. Sie wurde
parlamentarische Geschäftsführerin und 2019
Vize-Fraktionschefin. Im Oktober 2021 trat sie das Amt der
Bundestagspräsidentin an. Dort machte sie sich einen Namen als
konsequente Organisatorin und erteilte in den Debatten viele
Ordnungsrufe.
 
Der 33-jährige Betriebswirt Tim Klüssendorf hingegen ist
öffentlich noch weitgehend unbekannt. Er ist Sprecher der
Parlamentarischen Linken in der SPD und hat seinen Wahlkreis in
Lübeck. Seit 2021 sitzt er im Bundestag. Angesichts der
Niederlage bei der Bundestagswahl wolle er am Programm der SPD
arbeiten. Da sei noch viel Luft nach oben. Vor allem die
Verteilung des Wohlstands in Deutschland sei sein Schwerpunkt.
"Den will ich natürlich auch in dieser Funktion sehr stark
einbringen, da kann sich jeder darauf verlassen", sagte
Klüssendorf. "Aber es geht natürlich auch um zum Beispiel um
unsere sozialen Sicherungssysteme."
 
Bas und Klüssendorf könnten als Gegengewicht in der
Partei zu Klingbeil gesehen werden, obwohl das Verhältnis
untereinander als gut gilt. Klingbeils Machtfülle als
Vize-Kanzler, Finanzminister und Parteichef wird in der Partei
gerade aber von der Linken kritisiert. Er habe genau wie Esken
die Wahlniederlage im Februar mitzuverantworten. Klingbeil
gehört zur konservativen SPD-Strömung des "Seeheimer Kreises".

(Redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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