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90-tägige Stillhaltefrist vereinbart |
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Gegenseitige Zölle werden um 115 Prozentpunkte gesenkt |
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Intensive Verhandlungen am Wochenende in Genf |
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Aktienmärkte reagieren positiv, Dax auf Rekordhoch |
(neu: Reaktionen und weitere Details) |
- von Emma Farge und Olivia Le Poidevin |
Genf/Berlin, 12. Mai (Reuters) - Die USA und China |
rüsten im Handelskrieg deutlich ab. Beide Seiten einigten sich |
auf eine 90-tägige Stillhaltefrist in dem Streit sowie deutlich |
niedrigere Zollsätze. US-Finanzminister Scott Bessent sagte am |
Montag in Genf, nach Verhandlungen mit China würden die |
gegenseitigen Zölle um 115 Prozentpunkte gesenkt. Die USA würden |
ihre Zusatzzölle von 145 auf 30 Prozent drücken. Die |
chinesischen Zölle auf Einfuhren aus den USA sollten von 125 auf |
zehn Prozent sinken. Die neuen Maßnahmen sind für 90 Tage |
gültig. An den Börsen sorgte die Entwicklung für Erleichterung |
und steigende Kurde. Der Dax <.GDAXI> kletterte auf ein neues |
Rekordhoch. |
Beide Seiten hätten die Interessen ihrer Länder gut vertreten, so Bessent. "Wir haben beide ein Interesse an einem ausgewogenen Handel, die USA werden sich weiter in diese Richtung bewegen." Die jüngste Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften hat den gegenseitigen Handel im Wert von fast 600 Milliarden Dollar zum Erliegen gebracht. Zudem wurden Lieferketten großer Konzerne gestört. Bessent sagte, beide Seiten seien gegen eine Entkoppelung. "Wir wollen Handel." Der Deal mit China beziehe sich nicht auf spezielle Sonderzölle für einzelne Branchen. Die USA streben demnach weiterhin bei Medikamenten, Halbleitern und Stahl eine Veränderung der Märkte an.
Der US-Finanzminister äußerte sich zusammen mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer nach intensiven Gesprächen am Wochenende in der Schweiz. Die Verhandlungen waren die ersten persönlichen Begegnungen zwischen hochrangigen amerikanischen und chinesischen Vertretern seit der Rückkehr von US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus.
Trump hat auch andere Handelspartner mit hohen Sonderzöllen überzogen. Er will damit das riesige Handelsdefizit der USA reduzieren. Im Visier hat er auch die EU. Hier läuft ebenfalls gerade eine 90-tägige Pause, um Zeit für Verhandlungen zu haben.
An den Finanzmärkten sprachen Investoren und Analysten von einem überraschend großen Schritt in die richtige Richtung. In Frankfurt kletterte der deutsche Aktienleitindex Dax um bis zu 1,8 Prozent auf 23.911 Zähler und lag damit so hoch wie nie. Damit nahm er auch die psychologisch wichtige 24.000-Punkte-Marke wieder ins Visier. Der Dollar zog zudem gegenüber anderen wichtigen Währungen an.
Der deutsche Außenhandelsverband BGA begrüßte die Annäherung. "Eine Entspannung im Zollkrieg unserer beiden größten Handelspartner bedeutet auch für unsere Händler eine Entschärfung der Lage", sagte BGA-Präsident Dirk Jandura der Nachrichtenagentur Reuters. Doch auf europäischer Ebene ticke die Uhr. Die EU und die USA müssten vor Ablauf ihrer 90-tägigen Zollpause zu einer Einigung finden. "Aber es darf keine Einigung um jeden Preis geben. Vielmehr müssen wir Europäer uns auf unsere eigene wirtschaftliche Stärke besinnen und auf neue Handelspartner zugehen."
Ökonomen begrüßen die Vereinbarung ebenfalls. "Ohne diese Pause wäre der direkte Handel zwischen den USA und China nahezu zum Erliegen gekommen", sagte der Chefvolkswirt der Bank Berenberg, Holger Schmieding. "Das hätten beide Seiten sich nicht lange leisten können. Den USA hätte Stagflation oder sogar eine Rezession bei gleichzeitig steigender Inflation gedroht." Allerdings gibt es auch Warnungen vor allzu großer Euphorie. "Trotzdem bleibt das Zollniveau höher als zu Jahresanfang und ist ein Deal noch nicht ausgemachte Sache", sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. "Nur weil das Worst-Case-Szenario nicht eintritt, ist nicht alles gut."
(Mitarbeit von Rene Wagner, geschrieben von Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)