Nachricht


14.05.2025 /08:50:51
FOKUS 1-Inflationsrate sinkt auf 2,1 Prozent - "Kampf nicht gewonnen"

*

Energiepreise fallen im April deutlich

*

Ostern verteuert Reisen und Flugtickets

*

Expertin: EZB sollte Zinsen weiter senken
 
(neu: mit Ökonomen, Ausblick)
Berlin, 14. Mai (Reuters) - Billigere Energie hat die
Inflationsrate in Deutschland im April auf den niedrigsten Stand
seit einem halben Jahr gedrückt. Waren und Dienstleistungen
verteuerten sich nur noch um 2,1 Prozent im Vergleich zum
Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch eine
frühere Schätzung bestätigte. Das ist der niedrigste Wert seit
Oktober 2024. Im März waren die Verbraucherpreise noch um 2,2
Prozent gestiegen, in den beiden ersten Monaten des Jahres noch
um jeweils 2,3 Prozent. Von März auf April zogen die Preise um
0,4 Prozent an.

Ökonomen sehen trotz der nachlassenden Teuerung noch Risiken für eine Gegenbewegung. "Insgesamt muss festgestellt werden, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen ist", sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. "Sollten die Energiepreise wieder steigen, ist der schöne Preisstabilitätserfolg wieder dahin." Die von den USA erhobenen hohen Einfuhrzölle dürften allerdings die Güterpreise in den kommenden Monaten eher sinken oder zumindest weniger stark steigen lassen. "Denn hier ist mit einem zusätzlichen Angebot von China und anderen Ländern zu rechnen, die in den USA ihre Waren nicht mehr loswerden", sagte de la Rubia.

Deutlich billiger wurde Energie: Sie kostete 5,4 Prozent
weniger als ein Jahr zuvor (März: minus 2,8 Prozent). Ein Grund
dafür waren fallende Weltmarktpreise für Rohöl, da der von
US-Präsident Donald Trump losgetretene Handelskonflikt die
Weltwirtschaft belastet und damit die Nachfrage nach Öl dämpfen
dürfte. Für Kraftstoffe wie Benzin wurden 8,3 Prozent weniger
verlangt, während sich leichtes Heizöl sogar um 12,8 Prozent
verbilligte. Für Strom mussten die Verbraucher 2,5 Prozent
weniger bezahlen. Fernwärme war hingegen 0,2 Prozent teurer als
ein Jahr zuvor.
OBST UND GEMÜSE DEUTLICH TEURER

Preistreiber blieben Nahrungsmittel. Diese verteuerten sich um 2,8 (März: +3,0) Prozent. Besonders für Obst (+6,0 Prozent) und Gemüse (+5,6 Prozent) musste mehr bezahlt werden. Auch für Speisefette und Speiseöle (+4,4 Prozent), Molkereiprodukte und Eier (+3,8 Prozent) sowie Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (+3,7 Prozent) fiel die Preiserhöhung überdurchschnittlich aus. Fleisch und Fleischwaren (+1,3 Prozent), Brot und Getreideerzeugnisse (+0,7 Prozent) sowie Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte (+0,1 Prozent) verteuerten sich weit weniger stark.

Dienstleistungen kosteten 3,9 Prozent mehr (März: +3,5 Prozent). Pauschalreisen (+9,2 Prozent), Personenbeförderung (+11,3 Prozent) und Flugtickets (+19,1 Prozent) verteuerten sich besonders stark. Experten zufolge liegt das auch daran, dass Ostern diesmal auf den April fiel. Die Teuerungsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, oft auch als Kerninflation bezeichnet, lag diesmal bei 2,9 Prozent.

Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Währungsraum liegt bei zwei Prozent. Die nach europäischen Standards berechnete deutsche Teuerungsrate liegt aktuell mit 2,2 Prozent noch über dieser Zielmarke. Die Währungshüter haben wegen des nachlassenden Preisdrucks zuletzt sieben Mal in Folge ihren Leitzins gesenkt. "Auch im Euroraum lag die Inflationsrate sehr nah am Inflationsziel", sagte die Geldpolitik-Expertin des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Silke Tober. "Zugleich hält aber die Wirtschaftsschwäche an." Die Konjunkturrisiken hätten durch die erratische Zollpolitik des US-Präsidenten deutlich zugenommen. "Mit dem Ziel, die Binnennachfrage zu stärken, sollte die EZB daher die Geldpolitik zeitnah weiter lockern", sagte Tober.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

Hinsichtlich weiterer Informationen und einer gegebenenfalls erforderlichen Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte nach § 85 WpHG der für die Erstellung der zugrunde liegenden Finanzinformationen oder Analysen verantwortlichen Unternehmen wird auf das Informationsangebot dieser Unternehmen (Internetseite und andere Informationskanäle) verwiesen.