- von Alexander Hübner |
München, 09. Jan (Reuters) - Der Klimawandel macht sich |
immer stärker in den weltweiten Naturkatastrophen-Bilanzen |
bemerkbar. Im vergangenen Jahr richteten Wirbelstürme, schwere |
Gewitter und Überschwemmungen nach Berechnungen der Münchener |
Rück <MUVGn.DE> Schäden von 320 (2023: inflationsbereinigt: 286) |
Milliarden Dollar an. Für 140 (106) Milliarden davon wurden |
Versicherer zur Kasse gebeten, wie der weltgrößte |
Rückversicherer in seiner am Donnerstag veröffentlichten |
Naturkatastrophen-Jahresbilanz mitteilte. 2024 war damit für |
Versicherer und Rückversicherer das drittteuerste Jahr seit |
1980. "Die zerstörerischen Kräfte, die der Klimawandel mit sich |
bringt, werden immer offensichtlicher, und diese Tatsache wird |
von der Wissenschaft untermauert", erklärte Vorstandsmitglied |
Thomas Blunck. Die Welt müsse sich für stärkere |
Wetterkatastrophen in den nächsten Jahren wappnen. |
"Der Klimawandel zeigt Krallen", stellt die Münchener Rück fest. Sie hatte sich lange vorsichtig zu den Ursachen für eine zunehmende Zahl und Schwere von Hurrikanen, Sturzfluten und anderen Wetterkatastrophen geäußert. Inzwischen sieht sie den Zusammenhang belegt: "Wetterattributions-Studien zeigen, dass Hurrikane und andere Unwetter ohne den Klimawandel weniger wahrscheinlich wären und weniger intensiv ausfallen würden", sagte Tobias Grimm, Chef-Klimaforscher des Rückversicherers, im Gespräch mit den Nachrichtenagentur Reuters. "Bei 26 von 29 untersuchten Ereignissen im abgelaufenen Jahr ist der Einfluss nachweisbar. Bei aller Vorsicht macht uns das sicherer, dass der Klimawandel dabei eine immer gewichtigere Rolle spielt."
Dass Unwetter immer heftiger ausfallen, liege nicht nur an der steigenden Lufttemperatur, die im abgelaufenen Jahr um 1,5 Grad über der vorindustriellen Zeit lag. "Auch das Ozeanwasser ist weltweit extrem warm. Das ist der Treibstoff für Hurrikane über dem Atlantik, aber auch für schwere Tiefs über dem Mittelmeer", erläuterte Grimm. "Die enormen Regenmengen machen dabei den Unterschied." Das zeigte sich im Herbst in der spanischen Großstadt Valencia, wo es an einem Tag so viel regnete wie sonst in einem Jahr. Mit elf Milliarden Dollar - davon 4,2 Milliarden versichert - waren die Fluten in Spanien die teuerste Naturkatastrophe in Europa. "Überschwemmungen wie in Valencia und sogar in Dubai zeigen: Niemand ist wirklich sicher vor den Folgen des Klimawandels", sagte Grimm.
Weltweit lagen, gemessen an den Schadenzahlen, gleich zwei Hurrikane in den USA vorn: "Helene" hinterließ mit 56 Milliarden Dollar den größten volkswirtschaftlichen Schaden vor "Milton" zwei Wochen danach (38 Milliarden Dollar). Letzterer war mit 25 Milliarden Dollar aber für die Versicherer teurer als "Helene" (18 Milliarden), weil er eine Schneise durch den ganzen US-Bundesstaat Florida zog. Helen verursachte dagegen die größten Schäden durch Sturzfluten und Starkregen in Georgia und North Carolina. 11.000 Menschen verloren 2024 durch Naturkatastrophen ihr Leben, weit weniger als 2023 (77.600), als das Erdbeben in der Türkei und Syrien die Zahl der Toten nach oben trieb.
Den Rückversicherern machen aber weniger die Spitzenrisiken zu schaffen als das angesichts des Klimawandels größer werdende "Grundrauschen". Eigentlich zweitrangige Naturereignisse wie Hochwasser, Gewitter und Waldbrände verursachten 2024 Schäden von insgesamt 136 Milliarden Dollar. Mit 67 Milliarden Dollar mussten die Versicherer dafür einstehen. Diese Entwicklung treibe über die Jahre die versicherten Schäden nach oben - "und damit auch die Preise für die Absicherung solcher Risiken", sagt Grimm. Die Rückversicherer können seit Jahren steigende Preise bei ihren Kunden, den Erstversicherern, durchsetzen.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)