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Rücktritt vor Misstrauensvotum
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Tausende protestierten gegen Wirtschaftspolitik und Korruption
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| Präsident muss neue Regierung suchen |
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| Geplante Euro-Einführung am 1. Januar |
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| (Neu: Warnung vor Wahl-Serie, | Protestbewegung, Opposition) |
| 11. Dez (Reuters) - In Bulgarien ist die Regierung nach | |
| wochenlangen Protesten zurückgetreten. Der Schritt dürfte das | |
| EU- und Nato-Mitglied am Vorabend des geplanten Euro-Beitritts | |
| in eine längere Phase politischer Instabilität stürzen. | |
| Ministerpräsident Rossen Scheljaskow reichte am Donnerstag kurz | |
| vor einem geplanten Misstrauensvotum im Parlament den Rücktritt | |
| seines Kabinetts ein. Man habe die Lage erörtert und eine | |
| verantwortungsvolle Entscheidung getroffen, sagte Scheljaskow in | |
| einer Fernsehansprache. Der Rücktritt erfolgt kurz vor der für | |
| den 1. Januar geplanten Einführung des Euro. | |
Auslöser waren Demonstrationen, die sich gegen Korruption und einen neuen Haushaltsentwurf richteten. An den Protesten nahmen Menschen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen teil. Dazu zählten pro-europäische Gruppen, die den Euro-Beitritt befürworten, aber auch Menschen, die eine durch die Währungsumstellung ausgelöste Inflation fürchten oder engere Beziehungen zu Moskau fordern. Vergangene Woche zog die Regierung ihren Haushaltsentwurf für 2026 ? den ersten in Euro ? wegen der Proteste zurück. Die Demonstrationen richteten sich unter anderem gegen geplante Anhebungen der Sozialversicherungsbeiträge und der Dividendensteuer. Die Wut in der Bevölkerung hatte sich jedoch über längere Zeit aufgestaut.
Experten warnen vor den Folgen der Regierungskrise. "Es besteht ein großes Risiko, dass wir in einer weiteren Serie von Wahlen enden", sagte Dimitar Markow vom Zentrum für die Untersuchung der Demokratie in Sofia. Andere Analysten sehen jedoch auch eine positive Entwicklung. "Die Menschen erkennen, dass ihr Wille, wenn sie ihn äußern, zählt", sagte Wessela Tschernewa vom European Council on Foreign Relations. Die nächste Regierung müsse sich dessen bewusster sein und mehr Rechenschaft ablegen.
Präsident Rumen Radew, der die Regierung ebenfalls zum Rücktritt aufgefordert hatte, muss nun die Parteien mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Den ersten Auftrag erhält die größte Partei im Parlament, die Gerb. Sollte dies scheitern, wird er eine Übergangsregierung einsetzen, die das Land bis zu Neuwahlen führen soll. Bulgarien hat in den vergangenen vier Jahren sieben Parlamentswahlen abgehalten. Der Chef der Oppositionspartei "Wir setzen den Wandel fort", Assen Wassilew, nannte den Rücktritt den ersten Schritt, damit Bulgarien ein normales europäisches Land wird.
(Bericht von Ivana Sekularac, geschrieben von Philipp Krach und Isabelle Noack, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)