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02.10.2024 /11:37:29
STICHWORT-Schärfere Sanktionen und 1000-Euro-Prämie im Bürgergeld

- von Holger Hansen
Berlin, 02. Okt (Reuters) - Im Bürgergeld sollen vom 1.
Januar 2025 an schärfere Sanktionen greifen, wenn
Leistungsempfänger eine zumutbare Arbeit ablehnen oder Termine
versäumen. Zugleich wird eine Prämie von 1000 Euro eingeführt
für diejenigen, die einen regulären Job mindestens ein Jahr lang
ausüben und ohne Bürgergeld auskommen. Diese und weitere
Änderungen brachte die Bundesregierung am Mittwoch auf den Weg.
Das Paket enthält auch eine Lockerung für die Beschäftigung von
Ausländern, die Arbeitgeber lange vergeblich gefordert hatten:
Das bisherige Verbot der Einwanderung von ausländischen
Fachkräften in die Leiharbeit wird aufgehoben.
WELCHE REGELN WERDEN VERSCHÄRFT?

- Leistungskürzungen: Bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung wird das Bürgergeld für drei Monate um 30 Prozent gekürzt. Wer einen Termin im Jobcenter versäumt, bekommt einen Monat lang 30 Prozent weniger. Das bezieht sich auf die monatlichen Zahlungen zum Lebensunterhalt. Derzeit erhält ein alleinstehender Erwachsener 563 Euro im Monat. Bei der Übernahme der Miet- und Heizkosten gibt es keine Minderungen.

- Arbeitsweg: Für einen Job gilt ein längerer Arbeitsweg von bis zu drei Stunden täglich für Hin- und Rückfahrt als zumutbar. Bei einer Beschäftigung unter sechs Stunden sind es 2,5 Stunden. Es soll Ausnahmen für Erziehende geben.

- Schwarzarbeit: Wer dabei erwischt wird, muss auch mit Leistungskürzungen rechnen. Bisher droht nur eine Strafe wegen Sozialbetrugs.

- Schonvermögen: Bezieher von Bürgergeld müssen nach sechs Monaten eigenes Vermögen verbrauchen, soweit dies 40.000 Euro übersteigt. Derzeit gilt eine Schonzeit von zwölf Monaten. Für jede weitere Person bleiben weitere 15.000 Euro verschont.

WAS WIRD VESTÄRKT GEFÖRDERT?

- Prämie: Wer als bisher Langzeitarbeitsloser einen sozialabgabenpflichtigen Job mindestens ein Jahr lang ausgeübt und davon in den letzten sechs Monaten kein Bürgergeld benötigt hat, erhält eine "Anschubfinanzierung" von 1000 Euro. Das soll den Anreiz erhöhen, durch Arbeit das Bürgergeld zu verlassen.

- Integrationspraktikum: Es soll für Geflüchtete Probleme bei der Arbeitsaufnahme und Hemmnisse bei Arbeitgebern absenken. Geflüchtete können vier bis zwölf Wochen ein Praktikum in einem Betrieb absolvieren, für das die Jobcenter die Kosten tragen. Diese können Geflüchtete dazu auch verpflichten.

- Sprachförderung: Arbeitgeber können einen Lohnzuschuss erhalten, wenn sie Geflüchtete zur Teilnahme an einem Berufssprachkurs freistellen.

- Erprobung einer Beschäftigungsperspektive: So wird ein neues Instrument betitelt, das etwa von Entlassung bedrohten Beschäftigten ermöglichen soll, bei einem anderen Arbeitgeber bis zu vier Wochen zur Probe zu arbeiten. Der bisherige Arbeitgeber muss dies bei der Arbeitsagentur beantragen und den Lohn des Beschäftigten weiterzahlen.

- Die Einwanderung von ausländischen Fachkräften in die Zeitarbeit wird ermöglicht. Vorrangiges Ziel sei es, die Beschäftigten dauerhaft in die Entleihbetriebe zu integrieren und somit Fachkräfteengpässe zu lindern.

WANN TRETEN DIE ÄNDERUNGEN INKRAFT?

Auf die Änderungen hatte sich die Ampel-Regierung im Rahmen ihrer 49 Punkte umfassenden sogenannten Wachstumsinitiative verständigt. Die härteren Leistungskürzungen bei mangelnder Mitwirkung von Beziehern des aus Steuern finanzierten Bürgergeldes sollen aus Sicht des Arbeitsministeriums die Anreize für eine Beschäftigungsaufnahme, aber auch die allgemeine Akzeptanz der Hilfeleistung erhöhen. Die Änderungen werden an ein laufendes Gesetzbungsverfahren im Bundestag angedockt, damit sie rasch beschlossen werden können.

Änderungen bei der Zumutbarkeit eines Jobs, bei der Schonzeit für eigenes Vermögen und bei der Höhe der Leistungskürzungen sowie die neue Anschubfinanzierung sollen laut Reuters vorliegender Kabinettsvorlage am 1. Januar 2025 in Kraft treten. Weitere Änderungen werden zum Teil erst später wirksam, weil die Bundesagentur für Arbeit (BA) Zeit zur Umstellung ihrer IT-Systeme benötigt.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).

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