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02.10.2024 /11:53:40
FOKUS 1-Streik der US-Hafenarbeiter legt Hälfte der Seeschifffahrt im Land lahm

(Neu: Details, Autobranche)
New York, 02. Okt (Reuters) - Der seit Dienstag laufende
Streik der US-Hafenarbeiter an der Ost- und Golfküste droht der
US-Wirtschaft milliardenschwere Kosten einzubrocken und sorgt
vor den Präsidentschaftswahlen für Unruhe. Das Weiße Haus, das
bislang seine Befugnisse zu Beendigung des Arbeitskampfes nicht
einsetzen will, erhöhte den Druck auf die Arbeitgeber und
forderte eine rasche Einigung. "Ich habe die USMX, die eine
Gruppe von Reedereien in ausländischem Besitz vertritt,
aufgefordert, an den Verhandlungstisch zu kommen und den
Arbeitern der International Longshoremen?s Association ein
faires Angebot zu unterbreiten, das sicherstellt, dass sie
entsprechend ihrer unschätzbaren Beiträge angemessen bezahlt
werden", sagte Präsident Joe Biden.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre,
verwies zudem auf die boomende Nachfrage nach
Schifffahrtsdienstleistungen seit der Corona-Pandemie. "Die
Reedereien haben seit der Pandemie Rekordgewinne und in einigen
Fällen einen Gewinnanstieg von über 800 Prozent erzielt." Es sei
nur fair, dass auch die Arbeiter eine deutliche Lohnerhöhung
erhielten. Arbeitsministerin Julie Su sagte, die
Arbeitgeberseite habe sich geweigert, "ein Angebot vorzulegen,
das die Opferbereitschaft der Arbeitnehmer und ihren Beitrag zum
Gewinn ihrer Arbeitgeber widerspiegelt." Die Parteien müssten an
den Verhandlungstisch zurück.
 
Regierungsvertreter hatten sich vor dem Streik mit der
Arbeitgebergruppe United States Maritime Alliance (USMX) und der
Gewerkschaft International Longshoremen's Association
(ILA)getroffen, um eine Einigung zu erzielen. Die Regierung hat
wiederholt ausgeschlossen, im Falle eines Scheiterns die
Bundesbefugnisse zur Beendigung eines Streiks zu nutzen. Der
US-Präsident hat das Recht, gewisse Streiks zu unterbinden. Die
Gewerkschaft ILA, die 45.000 Hafenarbeiter vertritt, hatte mit
der USMX über einen neuen Sechsjahresvertrag verhandelt. Nach
Ablauf der Frist am 30. September um Mitternacht begann der
Arbeitskampf.
 
HÄLFTE DER HÄFEN LAHM GELEGT - AUTOINDUSTRIE ZITTERT
 
Der Arbeitskampf hat bislang etwa die Hälfte des
Seetransports des Landes lahm gelegt. Nach Schätzungen von
Analysten von JP Morgan könnte der Streik die amerikanische
Wirtschaft täglich etwa fünf Milliarden Dollar kosten. Alle
Warenströme - von Lebensmitteln über Bekleidung bis zu
Autotransporten - sind blockiert. John Bozzella, Vorsitzender
der Alliance for Automotive Innovation sagte, die vom Streik
betroffenen Häfen hätten im vergangenen Jahr 34 Prozent des
gesamten US-Handels mit Kraftfahrzeugen und -teilen im Wert von
135,7 Milliarden Dollar abgewickelt. "Wenn der Streik sich über
Wochen hinzieht, wird es eine Tragödie", sagte Steve Hughes,
Vorsitzender von HCS International, eine Firma, die den
Automobilsektor in Schifffahrtsfragen berät.
Europäische Auto-Konzerne seien am stärksten betroffen,
sagte Barclays-Analyst Dan Levy. "Die europäischen
Autohersteller verlassen sich bei Importen stark auf Baltimore
und bei Exporten auf südöstliche Häfen wie etwa Charleston, da
der Großteil ihrer US-Produktion in dieser Region stattfindet."
BMW <BMWG.DE> und Volkswagen <VOWG_p.DE> erklärten, sie würden die
Situation genau beobachten und daran arbeiten, die Auswirkungen
zu minimieren. Volvo Cars teilte mit, Notfallpläne
auszuarbeiten. Ein Mangel an Teilen könnte einige Autobauer dazu
nötigen, die Fahrzeugproduktion herunterzufahren. Analysten
führten indes an, angesichts ihrer hohen Auftragsbestände würden
insgeheim einige Autobauer wie etwa Stellantis dies
begrüßen.

(Bericht von Doyinsola Oladipo unter Mitarbeit von Gursimran Kaur, Nilutpal Timsina, Shivani Tanna und Shubham Kalia in Bangalore, David Shepardson in Washington und Stine Jacobsen in Kopenhagen, Gianluca Lo Nostro in Danzig, geschrieben von Anneli Palmen, redigiert von Myria Mildenberger, Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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