(Neu: Banken-Vertreter, Berater, Hintergrund)
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Studie: Sanktionen sind größtes geopolitische Risiko für Banken
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Bankenverband: Sanktionen sind teilweise kontraproduktiv | |
Zürich, 12. Sep (Reuters) - Der Schweizer Bankenverband | |
stellt die bisherige Sanktionspolitik der Schweiz infrage. Nach | |
dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe die Schweiz sehr | |
schnell die EU-Sanktionen übernommen, sagte der | |
stellvertretenden Chef des Schweizer Bankenverbandes (SBA), | |
August Benz, der Nachrichtenagentur Reuters. International | |
tätige Banken hätten zudem die US-Sanktionen übernommen. "Aber | |
viele | Sanktionen wirken nicht, wie man sich das gewünscht hat. |
Sie produzieren teilweise sogar das Gegenteil. Die Schweiz muss | |
klären, ob sie eine eigene Sanktionspolitik benötigt", sagte | |
Benz. |
Einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der SBA und des Bankenberaters zeb zufolge gehören der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine oder eine drohende US-Schuldenkrise zu den größten geopolitischen Risiken für die Schweizer Banken. Ganz oben auf der Liste stehen aber internationalen Sanktionen.
Benz wies darauf hin, dass andere wichtige Finanzplätze wie das Vereinigte Königreich und Singapur jeweils eigenständige Sanktionsstrategien hätten. "Denkbar wäre, dass die Schweiz Sanktionen von anderen Ländern übernimmt, aber Anpassungen macht, die mehr Sinn machen", sagte der SBA-Vize. Mit der politischen und der wirtschaftlichen Stabilität sowie Ihrer Finanzexpertise sei die Schweiz ein sicherer Hafen für Anleger. "Das muss so bleiben. Berechenbarkeit und Verlässlichkeit unter Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit sind dabei die zentralen Werte. Sanktionen sollten sich daran orientieren."
Als Teil des Sanktionspakets sperrte die Schweiz ab 2022 Vermögen von sanktionierten Russen. Mitte August 2024 belief sich der Wert der gesperrten Finanzvermögen, Immobilien, Luxusfahrzeuge und Kunstwerke Angaben des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) auf 7,1 Milliarden Franken. Die Schweiz ist der weltweit bedeutendste Hort für Vermögen von Millionären und Milliardären aus dem Ausland. Bankern zufolge hat der klare Positionsbezug der Schweiz in dem Konflikt bei ausländischen Kunden Befürchtungen geweckt, dass das neutrale Land in Zukunft weitere Sanktionen des westlichen Blocks mittragen könnte und weitere Vermögen sperren könnte.
"Im grenzüberschreitenden Wealth-Management-Geschäft sind bereits Folgen der Sanktionen erkennbar", erklärte zeb-Experte Norman Karrer. "Aus einigen Ländern ist in den letzten Jahren weniger Geld in die Schweiz geflossen. Es sind nicht mehr alle Kunden aus allen Ländern der Schweiz gegenüber gleich positiv gestimmt." Die auf Gesprächen mit hochrangigen Bankern und einer KI-gestützten Dokumentenanalyse beruhende Studie deutete an, dass Kunden aus dem globalen Süden angesichts der aktuellen Schweizer Sanktionspolitik und der Auslegung ihrer Neutralität in Zukunft Vermögen aus der Schweiz abziehen könnten. Innerhalb Europas und auch in vielen anderen Ländern genießt die Schweiz Karrer zufolge immer noch einen Safe-Haven-Status.
(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)