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10.01.2025 /15:22:47
TOP-THEMA-US-Arbeitsmarkt überraschend stark - "Zinssenkung vorerst vom Tisch"

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256.000 neue Stellen im Dezember

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Ökonom: Schwächen sind kaum auszumachen

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Dollar wertet auf, Aktienmärkte unter Druck
 
(neu: mit Ökonomen, Marktreaktion, Details)
Washington, 10. Jan (Reuters) - Der US-Arbeitsmarkt
zeigt sich kurz vor dem Wechsel im Präsidentenamt von Joe Biden
zu Donald Trump in unerwartet guter Form. Im Dezember kamen
256.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus
dem am Freitag veröffentlichten Bericht der Regierung
hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit
einem Zuwachs von 160.000 gerechnet, nach revidiert 212.000
(ursprünglich: 227.000) im November. Die Arbeitslosenquote sank
von 4,2 auf 4,1 Prozent.
Dienstleister, Handel, Bau und Staat bauten
Beschäftigung auf, während in der Industrie Stellen wegfielen.
"Schwächen am Arbeitsmarkt sind kaum auszumachen", sagte der
Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Nur wer tiefer grabe,
finde zumindest eine leichte Schwäche: "So hat sich etwa die
Zahl der offenen Stellen reduziert."
Schon ein Stellenzuwachs von rund 100.000 im Monat gilt
als ausreichend, um die wachsende US-Bevölkerung im
arbeitsfähigen Alter mit Jobs zu versorgen. Die Notenbank Fed,
die für stabile Preise sorgen und Vollbeschäftigung fördern
soll, achtet sehr stark auf die Jobdaten. Sie hat im September
die Zinswende vollzogen und 2024 insgesamt dreimal ihren
Leitzins gesenkt, weil die Inflation nachgelassen hat, die sie
mit ihrer Hochzinspolitik bekämpft hat.
 
FÜRCHTET DIE FED EINE ÜBERHITZUNG?
 
"Leitzinssenkungen der US-Notenbank sollten für eine
längere Zeit vom Tisch sein", sagte der Ökonom der Landesbank
Baden-Württemberg (LBBW), Dirk Chlench. Das sehen auch andere
Experten so. "Die Fed hat vorerst keinen Grund, weiter die
Zinsen zu senken", sagte Gitzel. "Sie fürchtet im Falle weiterer
Zinssenkungen eine Überhitzung der US-amerikanischen
Volkswirtschaft."
 
Der Dollar wertete nach Bekanntgabe der Daten auf.
Höhere Zinsen machen die US-Währung attraktiver. Die
Aktienmärkte gerieten dagegen unter Druck. "Ein starker
Stellenaufbau und eine niedrige Arbeitslosigkeit sind oft
Indikatoren für eine gesunde Wirtschaft ? und daher natürlich
ein Grund für Optimismus, aber möglicherweise auch eine leichte
Enttäuschung für Anleger, die auf weitere Zinssenkungen hoffen",
sagte Analyst Richard Flynn vom Finanzhaus Charles Schwab UK.
 
Der US-Notenbanker Christopher Waller äußerte sich in
dieser Woche positiv zu den Aussichten für den Arbeitsmarkt.
"Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die US-Wirtschaft auf
einer soliden Grundlage steht", sagte er. "Nichts in den Daten
oder Prognosen deutet darauf hin, dass sich der Arbeitsmarkt in
den kommenden Monaten dramatisch abschwächen wird."

Aktuell liegt der Leitzins in den USA in einer Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Für dieses Jahr werden bislang nur zwei Zinssenkungen um jeweils einen viertel Prozentpunkt erwartet - auch weil sich die Inflationsrate hartnäckig über der angestrebten Zwei-Prozent-Marke hält. "Die möglicherweise preistreibenden Maßnahmen der künftigen US-Regierung wie Zollerhöhungen sind ein weiterer Unsicherheitsfaktor", schrieben die Commerzbank-Ökonomen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner.

(Büro Washington, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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