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07.07.2024 /17:34:37
FOKUS 1-Franzosen strömen in Scharen zur Parlamentswahl - Patt nicht ausgeschlossen

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Wahlbeteiligung um 17.00 Uhr bei knapp 60 Prozent



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Parlamentswahl dürfte Rechtsruck bringen



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Demoskopen schließen unklare Mehrheitsverhältnisse nicht aus





Paris, 07. Jul (Reuters) - In Frankreich zeichnet sich
bei der als Richtungsentscheid für die politische Zukunft des
Landes geltenden Parlamentswahl eine ungewöhnlich hohe
Beteiligung ab. Um 17.00 Uhr (MESZ) und damit drei Stunden vor
Schließung der letzten Wahllokale lag sie bei 59,71 Prozent, wie
das Innenministerium am Sonntag mitteilte. Bei der Wahl vor zwei
Jahren waren es zu diesem Zeitpunkt nur 38,11 Prozent. Nach dem
Rechtsruck in der ersten Wahlrunde liegt eine absolute Mehrheit
des europaskeptischen Rassemblement National (RN) von Marine Le
Pen zwar im Bereich des Möglichen, doch gilt sie
Meinungsforschern zufolge als unwahrscheinlich. Sollte es zu
unklaren Mehrheitsverhältnissen kommen, droht Frankreich
politische Lähmung. Ein Großaufgebot von rund 30.000 Polizisten
soll am Wahlabend landesweit für Sicherheit sorgen.

Präsident Emmanuel Macron, der die Neuwahl nach dem Triumph des RN bei der Europawahl ausgerufen hatte, hätte bei einem Patt im Parlament weniger Gestaltungsspielraum. Im ersten Wahldurchgang am 30. Juni erhielt der RN 33 Prozent der Stimmen. Der Zusammenschluss von Linken und Grünen - die Neue Volksfront (NFP) - kam auf 28 und das Lager von Präsident Macron auf 20 Prozent. In der ersten Runde konnten sich Kandidaten ein Mandat sichern, wenn sie mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erreichten. Damit schafften es 76 Abgeordnete auf Anhieb ins Parlament. Der RN, der eine weitere Integration der EU ablehnt, eroberte dabei schon 39 der insgesamt 577 Sitze im Parlament. Für eine absolute Mehrheit sind insgesamt 289 nötig, die RN-Chef Jordan Bardella auch anstrebt. Die Neue Volksfront konnte 32 Sitze erobern, Macrons-Lager "Ensemble" nur zwei und die rechts-konservativen Republikaner ein Mandat. Im zweiten Wahlgang reicht nun die einfache Mehrheit: Wer die meisten Stimmen erhält, gewinnt.

Ein Zweckbündnis des Mitte-Lagers von Macron und linken Kräften will einen Durchmarsch der Rechten verhindern. Mehr als 200 Bewerber hatten deshalb ihre Kandidatur vor der zweiten Runde zurückgezogen, um damit die Siegchancen besser platzierter Gegner des RN in den Wahlkreisen zu erhöhen.

WAHLKAMPF VON GEWALT ÜBERSCHATTET

Ministerpräsident Gabriel Attal hatte sich für den Fall unklarer Mehrheitsverhältnisse im Parlament dafür ausgesprochen, Ad-hoc-Allianzen von Parteien der Mitte, der Linken und aus dem Kreis konservativer Abgeordneter zu bilden, um über einzelne Gesetzesvorhaben abzustimmen. Die Linke hatte auch eine Koalitionsregierung ins Gespräch gebracht. Doch dies wäre ein Novum. Solche Allianzen hat es in Frankreich wegen der starken politischen Polarisierung in der jüngeren politischen Geschichte des Landes bislang noch nicht gegeben.

Der kurze, nur dreiwöchigen Wahlkampf wurde von Gewalt überschattet. Laut Innenminister Gerald Darmanin kam es zu mehr als 50 tätlichen Angriffen auf Kandidaten und Wahlkämpfer. Einige Luxusboutiquen entlang des Pariser Prachtboulevards Champs-Elysees hatten vor dem Wahlabend aus Furcht vor möglichen Ausschreitungen ihre Schaufenster vorsorglich verbarrikadiert.

(Bericht von Gabriel Stargardter und Tassilo Hummel, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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