*
Viele europäische Staaten wollen Sondertribunal einrichten |
*
Russland: Wir reagieren darauf nicht |
(mit Stellungnahme Russlands dazu) |
Lwiw, 09. Mai (Reuters) - Die Außenminister europäischer |
Staaten und der Ukraine wollen ein Sondertribunal zur Anklage |
russischer Führungspersönlichkeiten wegen des Angriffs gegen die |
Ukraine einrichten. Minister aus fast 20 europäischen Staaten, |
darunter auch der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul, |
kamen am Freitag in der westukrainischen Stadt Lwiw zusammen, um |
eine Erklärung zur Einrichtung dieses Gerichtes unter der Ägide |
des Europarates zu unterzeichnen. Abgesegnet wurde die |
sogenannte Erklärung von Lwiw von mindestens 37 Außenministern. |
In Moskau fand ebenfalls am Freitag auf dem Roten Platz die |
traditionelle Militärparade zum 80. Jahrestag des Siegs über |
Nazi-Deutschland statt, an der der russische Präsident Wladimir |
Putin teilnahm. |
Russland will auf die Pläne für ein Sondertribunal jedoch nicht eingehen. "Wir reagieren darauf nicht", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass Kremlsprecher Dmitri Peskow.
"Dieses Tribunal wird sicherstellen, dass die Hauptverantwortlichen für die Aggression gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden", sagte derweil die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas gegenüber Reportern. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, es sei eine moralische Pflicht für Europa, Russland für den Krieg zur Rechenschaft zu ziehen. "Ein starkes Tribunal für das Verbrechen der Aggression kann - und muss - jeden potenziellen Aggressor zum Nachdenken bringen", sagte er in einer Videoansprache auf dem Treffen.
Das Tribunal soll vom Europarat eingerichtet werden, der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor allem zum Schutz der Menschenrechte gegründet wurde. "Das Sondertribunal könnte seine Arbeit nächstes Jahr aufnehmen", sagte Iryna Mudra, Beraterin des ukrainischen Präsidenten. Dieses Jahr würden die rechtlichen Formalitäten abgeschlossen werden und der Europarat beginne mit der Einrichtung, wie etwa mit der Einstellung von Richtern, einem Sekretariat, Staatsanwälten und der Einführung von Regeln und Verfahren. Sie sagte, das Sondertribunal werde nur gegen hochgestellte Personen ermitteln. "Es handelt sich um etwa 20 Personen, die die Führung eines Angriffskrieges gegen die Ukraine geplant, vorbereitet und geleitet haben."
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist zwar das weltweite Tribunal für Fälle von Kriegsverbrechen, er kann im Falle der Aggression gegen die Ukraine aber nicht tätig werden. Das geht nur, wenn beide betroffenen Länder Mitglied des Römischen Statuts sind, das die vertragliche Grundlage für den Gerichtshof ist, und ein Zusatzabkommen unterzeichnet haben.
(Bericht von Andriy Perun, Vladyslav Smilianets, geschrieben von Myria Mildenberger und Klaus Lauer; Redigiert von Hans Busemann Bei Rückfragen wenden Sie sich sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)