Berlin, 13. Mai (Reuters) - Die Pause im Zollkrieg lässt Börsenprofis deutlich optimistischer auf die deutsche Wirtschaft blicken. Das Barometer für die Konjunkturaussichten in den kommenden sechs Monaten stieg im Mai um 39,2 Punkte auf plus 25,2 Zähler. Das teilte das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter Investoren und Analysten mit. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur einen Anstieg auf 11,9 Punkte erwartet. Sie sagten in ersten Kommentaren:
ULRICH WORTBERG, HELABA: |
"Kräftige Stimmungserholung! Der ZEW-Saldo der |
Konjunkturerwartungen ist im Mai deutlich gestiegen, nachdem er |
im Vormonat infolge des von US-Präsident Trump angerichteten |
Zoll-Chaos massiv eingebrochen war. Nun befindet sich der Index |
wieder in positivem Terrain und die Konsensschätzung konnte |
überschritten werden, wenngleich sich die Lageeinschätzung |
nochmals leicht abgeschwächt hat. Hoffnungen auf Einigungen im |
Zollstreit mit den USA haben die Stimmung der |
Finanzmarktteilnehmer verbessert und zu einer erhöhten |
Risikobereitschaft beigetragen. |
Mit der Deeskalation sind auch die Inflations- und |
Konjunktursorgen etwas in den Hintergrund getreten. Zudem |
könnten Marktteilnehmer auf wirtschaftspolitische Akzente der |
neuen Bundesregierung setzen, die in der letzten Woche ihre |
Amtsgeschäfte aufgenommen hat. Die Indikation für die kommenden |
Einkaufsmanagerindizes und für das ifo Geschäftsklima |
Deutschland ist positiv." |
"Die erratische Politik des US-Präsidenten hinterlässt auch entsprechende volatile Spuren bei den Konjunktureinschätzungen. Dies spiegeln auch die ZEW-Konjunkturerwartungen wider. Während es im Vormonat kräftig nach unten ging, folgt nun eine deutliche Aufwärtsbewegung. Die Aussicht auf eine Zolleinigung mit den wichtigsten Handelspartnern hat in den vergangenen Wochen auch die Hoffnung genährt, dass die konjunkturellen Schäden milde ausfallen. Dies vollziehen nun die ZEW-Konjunkturerwartungen nach.
Die ZEW-Konjunkturerwartungen haben ohnehin wesentlich deutlicher auf die Zolldebatte reagiert als andere Wirtschaftsindikatoren. Der Ifo-Geschäftsklimaindex oder auch die Einkaufsmanagerindizes haben entweder kaum reagiert oder sogar positiv überrascht. Der Ifo-Geschäftsklimaindex legte sogar geringfügig zu. Auch unter diesen Gesichtspunkten hatten die ZEW-Konjunkturerwartungen im Mai Aufholpotenzial."
PRIVATBANK:
"Die Aussicht auf Zoll-Deals dürfte den Absturz der Erwartungen gedreht haben. Es ist aber noch immer so, dass die US-Zollpolitik die Planungssicherheit erschwert. Die Lagebeurteilung zeigt, dass der Blick auf den künftigen Konjunkturverlauf trist bleibt. Ein nachhaltiger Stimmungsumschwung dürfte nur mit Strukturreformen erreichbar sein. Das Lieferkettengesetz zu kippen, ist zumindest schon einmal ein guter Ansatz."
(Bericht von Reinhard Becker - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)