(Neu: Scholz, Details) |
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Scholz und Faeser besuchen Anschlagsort |
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Rätselraten über Motive |
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Bericht: Attentäter möglicherweise unter Drogeneinfluss |
- von Andreas Rinke |
Magdeburg/Berlin, 21. Dez (Reuters) - Die Zahl der |
Todesopfer nach dem mutmaßlichen Anschlag auf den |
Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist nach Angaben von Kanzler Olaf |
Scholz und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff |
mittlerweile auf fünf gestiegen. Fast 40 seien zudem "so schwer |
verletzt, dass man große Sorge um sie haben muss", sagte Scholz |
am Samstag bei einem Besuch vor Ort, auf dem er von mehreren |
Kabinettsmitgliedern begleitet wurde. Insgesamt seien mehr als |
200 Menschen verletzt worden. Scholz und Haseloff dankten den |
Einsatzkräften und kündigten eine Debatte über Konsequenzen an. |
Zuvor müsse aber aufgeklärt werden, was die Motive des |
mutmaßlichen Attentäters gewesen seien, sagte der Kanzler. Auch |
aus der Union kamen Mahnungen, dass man erst aufklären müsse, |
was genau geschehen sei. Die Polizei in Magdeburg kündigte eine |
Pressekonferenz am Nachmittag an. |
Bei dem Fahrer handelt es sich nach Behördenangaben um einen Arzt aus Saudi-Arabien, der am Freitagabend mit einem Auto in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast war. Er sei seit 2006 in Deutschland und den Behörden nicht als Islamist bekanntgewesen. Im Gegenteil soll er bei zahlreichen Gelegenheiten in den vergangenen Jahren als Kritiker eines radikalen Islams geäußert. Das Profil des Mannes auf der Plattform X lässt zumindest vermuten, dass er keine islamistischen Motive gehabt haben könnte. Es weise ihn aufgrund der Posts eher als Sympathisanten der AfD oder des US-Unternehmers Elon Musk aus, berichtete der "Spiegel". Laut einem "Bild"-Bericht könnte der mutmaßliche Attentäter womöglich unter Drogen gestanden haben. Ein erster Drogenwischtest sei positiv ausgefallen, berichtete das Blatt ohne Angaben von Quellen.
Sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz als auch der Bundesnachrichtendienst wollten sich auf Nachfrage mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern. Ein Insider aus Saudi-Arabien sagte gegenüber Reuters, dass das Königreich die deutschen Behörden vor dem Angreifer gewarnt habe. Er habe extremistische Ansichten auf seinem persönlichen X-Konto gepostet. Zunächst gab es auch dazu keine Stellungnahme deutscher Behörden. "Die Sicherheitsbehörden arbeiten derzeit unter Hochdruck daran, die Hintergründe dieser Schreckenstat aufzuklären", teilte Justizminister Volker Wissing nur mit.
Kanzler Scholz mahnte, man müsse den mutmaßlichen Täter, seine Handlung, seine Motive verstehen, "um dann auch mit den strafrechtlichen und den notwendigen anderen Konsequenzen darauf zu reagieren. Und das werden wir." Es sei wichtig, dass sich die Gesellschaft jetzt unterhake und man nicht Hass das Miteinander bestimmen lasse. Man werde nicht die durchkommen lassen, die Hass säen wollten. "Aber wir werden auch die Täter nicht unverfolgt lassen und mit aller Härte des Gesetzes vorgehen, gerade um unserer Gemeinsamkeit und unserer gemeinsamen Zukunft wegen."
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, und der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, warnten davor, voreilige Schlüsse über die Motive des Täters zu ziehen. "Jetzt gilt es, die Ermittlungen abzuwarten. Es scheint so, dass die Dinge hier anders gelagert sind als zunächst vermutet wurde", sagte Wiese der "Rheinischen Post". "Bei der Bewertung der Hintergründe dieses Verbrechens empfehle ich Zurückhaltung, da Vieles noch unklar ist", sagte Frei derselben Zeitung.
Das Geschehen erinnert nach Angaben von Kanzler Scholz an den Anschlag an der Berliner Gedächtniskirche im Dezember 2016. Damals hatte ein Mann einen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz gesteuert und 13 Menschen getötet. Der Fahrer, ein Tunesier, wurde vier Tage später von der italienischen Polizei bei Mailand erschossen. Vor seiner Einreise nach Deutschland hatte er sich in Italien aufgehalten und dort auch im Gefängnis gesessen.
Aus dem In- und Ausland kamen Solidaritätsbekundungen, so von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Mark Rutte und dem Präsidenten von Aserbaidschan, Ilham Alijew. Dagegen griff der amerikanische Milliardär und Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump, Elon Musk, Kanzler Scholz auf seiner Plattform X am Freitagabend an und forderte ihn zum Rücktritt auf. Der Tesla <TSLA.O>-Chef ist bereits mehrfach mit Ausfällen gegen ausländische Regierungschefs aufgefallen, deren politische Ansichten er nicht teilt. Musk hatte am Freitag auch zur Wahl der AfD aufgerufen.
(Mitarbeit: Sabine Ehrhardt, Rachel Moore; redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)