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Palästinensische Behörden: Dutzende Verletzte |
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Militär: Haben Warnschüsse abgegeben |
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Dritter Tag mit Chaos rund um GHF-Verteilzentren |
Cairo/Jerusalem, 03. Jun (Reuters) - In der Nähe einer |
Ausgabestelle für Hilfslieferungen im südlichen Gazastreifen |
sind nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden bei |
israelischem Beschuss mindestens 27 Palästinenser getötet |
worden. Dutzende seien verletzt worden, teilten die Behörden am |
Dienstag mit. Es war bereits der dritte Tag, an dem es zu Chaos |
rund um die Verteilzentren der von den USA unterstützten Gaza |
Humanitarian Foundation (GHF) kam. Das israelische Militär |
teilte mit, es sei über Berichte von Opfern informiert und |
untersuche den Vorfall. Soldaten hätten bei einem Einsatz in der |
Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen Warnschüsse abgegeben, "um |
mehrere Verdächtige am Näherkommen zu hindern". Das Militär |
hindere die Bewohner des Gazastreifens nicht daran, zu |
Hilfszentren zu gelangen. Die umstrittene GHF ist eine private |
Organisation mit US-amerikanischer Unterstützung und |
israelischer Billigung. Andere Hilfsorganisationen kritisieren, |
dass mit der GHF keine neutrale Hilfsverteilung gewährleistet |
werde. |
Ein Sprecher des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes erklärte gegenüber Reuters, dass in seinem Feldlazarett in Rafah 184 Verletzte eingeliefert worden seien. 19 von ihnen seien bei der Ankunft für tot erklärt worden, acht seien kurz darauf ihren Verletzungen erlegen.
Die GHF hatte letzte Woche ihre ersten Verteilstellen für Hilfsgüter eröffnet, um den weit verbreiteten Hunger im Gazastreifen zu lindern. Das Küstengebiet ist infolge des Krieges zwischen der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas und Israel weitgehend zerstört. Die von Israel gebilligte private Gruppe erklärte, sie habe am frühen Dienstag 21 Lkw-Ladungen mit Nahrungsmitteln verteilt und die Hilfsaktion sei "auf dem Gelände sicher und ohne Zwischenfälle verlaufen". Es gibt jedoch Berichte über Chaos. Dabei sollen in der Nähe von Rafah auch Personen ums Leben gekommen sein, als sich Menschen drängten, um dringend benötigte Vorräte zu ergattern. Palästinensische und internationale Behörden berichteten am Sonntag, dass mindestens 31 Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt worden seien. Am Montag wurden demzufolge drei weitere Palästinenser durch israelisches Feuer getötet.
Das israelische Militär hat bestritten, gezielt Zivilisten angegriffen zu haben, die sich dort auf der Suche nach Hilfsgütern versammelt hatten, und bezeichnete die Berichte über Todesfälle während der Hilfsverteilung am Sonntag als Erfindungen der Hamas. Am Dienstag hieß es, die israelischen Streitkräfte hätten Verdächtige identifiziert, die sich auf sie zu bewegten und dabei von den Zugangswegen abwichen. Die Soldaten hätten Warnschüsse abgegeben und nachdem die Personen nicht zurückwichen weitere Schüsse abgefeuert, hieß es.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte sich am Montag entsetzt über die Berichte über Palästinenser, die auf der Suche nach Hilfe getötet oder verletzt wurden. Er forderte eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle.
Das israelische Militär forderte die Bewohner mehrerer Bezirke in Chan Junis im Süden des Gazastreifens auf, die Gebiete zu verlassen. Die Armee werde mit Gewalt gegen die in diesen Gebieten operierenden Extremisten vorgehen. Die Menschen sollen sich in den Westen in Richtung des humanitären Gebiets Mawasi begeben. Palästinensische und UN-Vertreter erklärten, dass es im Gazastreifen keine sicheren Gebiete gebe und der Großteil der 2,3 Millionen Einwohner zu Binnenflüchtlingen geworden sei.
Die Gesundheitsbehörde des Territoriums teilte am Dienstag mit, dass die neuen Evakuierungsanordnungen zu einem Stillstand der Arbeit im Nasser-Krankenhaus, der größten noch funktionierenden medizinischen Einrichtung im Süden, führen könnten, wodurch das Leben der dort behandelten Menschen gefährdet sei.
Israel startete seine Militäroffensive im Gazastreifen nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023, bei dem von der Hamas angeführte bewaffnete Männer nach israelischen Angaben 1200 Menschen töteten und 251 Geiseln nahmen. In dem darauffolgenden Krieg wurden nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden mehr als 54.000 Palästinenser getötet.
(Bericht von Nidal al-Mughrabi, Crispian Balmer, geschrieben von Kerstin Dörr, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)