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08.09.2024 /18:00:34
FOKUS 1-Oppositionskandidat Gonzalez verlässt Venezuela - Asylgesuch in Spanien

(Neu: Ankunft in Spanien)

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EU und USA betrachten Gonzalez als Sieger der Präsidentenwahl



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75-jähriger Ex-Diplomat floh in spanische Botschaft in Caracas



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Borrell: Trauriger Tag für die Demokratie in Venezuela
 
Caracas/Madrid, 08. Sep (Reuters) - Rund sechs Wochen
nach der umstrittenen Wahl in Venezuela hat der oppositionelle
Präsidentschaftskandidat Edmundo Gonzalez das südamerikanische
Land verlassen und ist nach Spanien ausgereist. Gonzalez, den
die USA und die EU als rechtmäßigen Sieger der Wahl betrachten,
landete der spanischen Regierung zufolge am Sonntag auf einem
Luftwaffenstützpunkt bei Madrid. Gonzalez sei auf eigenen Wunsch
nach Spanien gekommen und bitte dort um Asyl. Die venezolanische
Vizepräsidentin Delcy Rodriguez bestätigte die Ausreise. Ihr sei
zugestimmt worden, um den "politischen Frieden"
wiederherzustellen, erklärte Rodriguez auf Instagram. Der
EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einem traurigen Tag
für die Demokratie in Venezuela.

Gegen Gonzalez war kürzlich Haftbefehl erlassen worden, was international scharf kritisiert wurde. Die Opposition in Venezuela erkennt den von den Behörden verkündeten Wahlsieg von Präsident Nicolas Maduro nicht an und wirft der Regierung Betrug vor. Vizepräsidentin Rodriguez erklärte am Sonntag weiter, Gonzalez habe vor einigen Tagen Zuflucht in der spanischen Botschaft in Caracas gesucht und dort um Asyl gebeten.

Insidern zufolge sollen spanische Regierungsvertreter, darunter Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero, eine Woche lang mit den venezolanischen Behörden über Gonzalez' Ausreise verhandelt haben. Das spanische Außenministerium erklärte am Sonntag, der Asylprozess werde umgehend starten und das Engagements Spaniens für die politischen Rechte und die körperliche Unversehrtheit aller Venezolaner wohlwollend berücksichtigen.

GONZALEZ ZUNÄCHST IN BOTSCHAFT DER NIEDERLANDE

Dem niederländischen Außenminister Caspar Veldkamp zufolge flüchtete sich Gonzalez zunächst in die Botschaft der Niederlande. Dies sei ein Tag nach der Wahl gewesen, erklärte Veldkamp in einem Brief an das niederländische Parlament. Anfang September habe Gonzalez dann angekündigt, dass er Venezuela verlassen und seinen Kampf von Spanien aus fortsetzen wolle.

Die venezolanische Wahlbehörde hatte Gonzalez' Widersacher Maduro nach der Abstimmung am 28. Juli eine dritte Amtszeit mit rund 51 Prozent der Stimmen zugesprochen, ohne die genaue Zahl der Stimmen zu veröffentlichen. Die Opposition beansprucht dagegen den Sieg für sich und spricht von Wahlfälschung. Sie veröffentlichte im Internet Stimmenauszählungen, die ihrer Meinung nach einen klaren Sieg von Gonzalez belegen.

Vor wenigen Tagen erließ die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dieser Online-Veröffentlichung der Wahlergebnisse einen Haftbefehl gegen Gonzalez, dem darin unter anderem Amtsanmaßung, Fälschung öffentlicher Dokumente und Verschwörung vorgeworfen wird. Der 75-Jährige kehrte auf die politische Bühne zurück, weil Oppositionsführerin Maria Corina Machado wegen eines Verbots zur Ausübung öffentlicher Ämter nicht antreten durfte.

Die USA haben Gonzalez als Wahlsieger bezeichnet und Maduro ein autoritäres Vorgehen vorgeworfen. Mehrere südamerikanische Länder fordern von Venezuela eine Offenlegung der Stimmauszählungen. Auch die Europäische Union zweifelt das offizielle Wahlergebnis an. In den Tagen nach der Wahl kam es landesweit zu Massenprotesten, bei denen der Rücktritt von Maduro und eine Anerkennung des Sieges der Opposition gefordert wurden. Bei den Demonstrationen kamen mindestens 27 Menschen ums Leben, rund 2400 wurden festgenommen.

Venezuela leidet seit Jahren unter einer desolaten wirtschaftlichen Lage. Millionen Menschen flüchteten vor Armut und Perspektivlosigkeit ins Ausland. Der 61-jährige Linkspopulist Maduro ist seit dem Tod seines Vorgängers und Mentors Hugo Chavez 2013 im Amt.

(Bericht von Lisandra Paraguassu und Vivian Sequera, geschrieben von Christian Götz und Elke Ahlswede, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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