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01.07.2024 /18:00:00
Neuer Condor-Chef will Airline in "Position der Stärke" bringen

Frankfurt, 01. Jul (Reuters) - Der neue Condor-Chef Peter Gerber will den Ferienflieger in den nächsten Jahren für den Fall eines Eigentümerwechsels auf Vordermann bringen. In den kommenden drei Jahren müsse die Airline zeigen, dass sie mit der Investition ihres Eigners Attestor in die Flottenerneuerung finanziell erfolgreich sei. "Das ist natürlich die beste Voraussetzung, um dann in so einem eventuellen Bieterwettbewerb oder wenn Interessenten kommen, dafür zu sorgen, dass die Condor langfristig überlebt", sagte der im Februar angetretene Chef in einem Pressegespräch. Condor bereite sich darauf vor, einen solchen bislang noch nicht absehbaren Prozess "aus einer Position der Stärke" anzugehen. Das laufende Geschäftsjahr werde ein erfolgreiches mit schwarzen Zahlen sein, betonte Gerber.

Der 60-jährige frühere Lufthansa <LHAG.DE>-Manager ist Nachfolger des langjährigen Condor-Chefs Ralf Teckentrup (66), der kürzlich in Ruhestand ging. Dieser hatte die ehemals zur Lufthansa gehörende Fluggesellschaft durch zwei existenzielle Krisen geführt - die Pleite des früheren Mutterkonzerns Thomas Cook 2019 und die Corona-Pandemie in den folgenden Jahren. Condor wurde mit staatlicher Finanzhilfe vor dem Untergang bewahrt und fand mit dem britisch-deutschen Vermögensverwalter Attestor 2021 einen neuen Eigner. Seither gehören dem aus Familienvermögen und Universitätsstiftungen gespeisten Investor 51 Prozent der Condor, die restlichen 49 Prozent liegen noch beim Staat.

Attestor könnte diesen Anteil, sobald der staatliche Kredit von ursprünglich 550 Millionen Euro fristgerecht bis 2026 zurückgezahlt ist, zu einem schon festgelegten "interessanten" Preis übernehmen, erklärte Gerber. Teckentrup hatte Ende letzten Jahres in den Raum gestellt, dass Attestor nach einigen Jahren wieder aussteigen könnte. "Also ich glaube, ehrlich gesagt, dass sie im Moment nicht überlegen, es zu verkaufen", sagte Gerber.

NEUE AIRBUS-FLOTTE

Attestor steckte neben 200 Millionen Euro Eigenkapital 250 Millionen Euro in die Erneuerung der überalterten Condor-Flotte, zu der die weltweit ältesten aktiven Boeing <BA.N> 767-Modelle gehörten. Künftig hat Condor eine reine Airbus <AIR.PA>-Flotte. Bis 2027 sollen 21 Langstreckenflugzeuge A330 und 43 Modelle der A320-Serie angeschafft werden - wieviele davon gekauft oder geleast, ließ Gerber offen. Die Modernisierung der Langstrecke ist schon fast abgeschlossen, auf der Kurz- und Mittelstrecke hat die Erneuerung begonnen. Wie stark die bislang 52 Maschinen große Flotte wachsen soll, will Gerber 2025 festlegen. Die Zahl der Beschäftigten werde von derzeit 5700 langsam zunehmen auf 6000.

Mit den neuen Jets für Interkontinental-Strecken hat Condor, die das Hauptgeschäft mit Ferienflügen in Europa macht, die Business Class erweitert und damit mehr Kapazitäten für Luftfracht, erklärte Gerber. Dabei kann der frühere Chef der Frachtairline Lufthansa Cargo seine Kontakte in der Logistikbranche nutzen. Es gehe jetzt darum, neue Märkte und Kundengruppen zu erschließen. Dafür setzt Condor auch auf Kooperationen mit Alaska Airlines und Westjet, die stark im Westen der USA und Kanadas vertreten sind. Mit Emirates bieten die Frankfurter bald eine Verbindung von Berlin nach Dubai an, dem Drehkreuz der weltweit größten Airline vom Golf. Das ermögliche mehr Asien-Geschäft.

Noch ein Erbe will Gerber als Erfolgsfaktor nutzen: die auffallende Streifen-Bemalung der Condor-Flugzeuge. Das neue Markendesign, mit dem die Flieger auch in der Luft vom Boden aus leicht zu erkennen sind, komme gut an. Die Palette an Bord-Produkten oder die Werbung damit soll ausgebaut werden. Was unter Gerber anders ist als unter seinem langjährigen Vorgänger Teckentrup, ist der Führungsstil. Unter dem Druck von Krisen habe der frühere Condor-Chef, nach Gerbers Worten der "beste Airline-Manager in Europa", im Vordergrund gestanden und manchmal alleine entschieden. "Wir versuchen, das als Geschäftsleitung hier im Team zu managen."

(Bericht von Ilona Wissenbach. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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