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05.07.2024 /14:00:22
STICHWORT-So will Ampel-Koalition den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken

Berlin, 05. Jul (Reuters) - Nach monatelangen zähen Verhandlungen haben sich die Spitzen der Ampel-Koalition auf einen Haushaltsentwurf für 2025 sowie ein Paket zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland geeinigt. Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sowie Finanzminister Christian Lindner (FDP) erläuterten gemeinsam die Details. Anbei eine Übersicht der sogenannten Wachstumsinitiative:

WIRTSCHAFTSWACHSTUM

Mit der Initiative soll vor allem das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft gestärkt werden. Die Ampel-Koalition setzt darauf, dass das Bündel von Maßnahmen im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr als einem halben Prozent führt. Das seien 26 Milliarden Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung. Über die nächsten vier Jahre soll sich das Plus auf 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts summieren.

ANREIZE FÜR MEHR BESCHÄFTIGUNG

Die Regierung will Menschen dazu bringen, freiwillig mehr und länger zu arbeiten. So werden etwa die Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung den Beschäftigten, die schon eine Rente beziehen, künftig direkt als Lohn ausgezahlt. "Das ist ein ganz deutlicher Anreiz länger zu arbeiten", betonte Lindner. Bei einem Durchschnittslohn sind das laut Koalition jeden Monat etwa 250 Euro mehr netto. Überstunden werden steuerlich begünstigt und es sollen Anreize geschaffen werden, damit Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine Prämie zahlen, wenn sie ihre Arbeitszeit ausweiten.

Im Bürgergeld soll es eine Anschubfinanzierung geben. Wenn Langzeitarbeitslose mit einem Job aus dem Bürgergeldbezug herauskommen, dürfen sie im ersten Jahr nun deutlich mehr von ihrem Verdienst behalten, ohne dass das etwa auf das Wohngeld angerechnet wird.

ARBEITSKRÄFTE

Es sollen bürokratische Hürden für Unternehmen abgeschafft werden, wenn sie ausländische Fachkräfte einstellen wollen. So soll die genannte Westbalkanregel ausgeweitet werden, die für Arbeitskräfte aus bestimmten Staaten Visabestimmungen erleichtert. Unter klaren Kriterien zum Schutz vor Lohndumping soll auch die Zuwanderung in die Leiharbeit ermöglicht werden.

Die Ampel-Koalition will Anreize für Fachkräfte stärken, nach Deutschland zu kommen, indem sie in den ersten drei Jahren nach der Ankunft steuerlich entlastet und so langfristig an Deutschland gebunden werden sollen. In den ersten drei Jahren werden 30 Prozent, 20 Prozent und 10 Prozent des Bruttolohns steuerfrei gestellt. Gleichzeitig soll es Geflüchteten erleichtert werden, hier zu arbeiten und so frühzeitig auf eigenen Füßen zu stehen. Wenn die Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen nicht anders entscheidet, gilt die Arbeitserlaubnis als erteilt.

KALTE PROGRESSION

Der Einkommensteuertarif soll entsprechend der Inflationsentwicklung für 2025 und 2026 angepasst werden, damit die Steuerbelastung der Menschen nicht weiter steigt. So sollen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um insgesamt 23 Milliarden Euro entlastet werden. Der Kinder- und Grundfreibetrag für 2024 und 2025 wird erhöht und das Kindergeld steigt Anfang 2025.

BÜROKRATIEABBAU

Praxischecks zum Abbau von bürokratischen Hürden sollen für alle Ministerien der Bundesregierung verbindlich werden. Zudem soll die europäische Lieferkettenrichtlinie noch in dieser Legislaturperiode so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden.

Der Datenschutz wird entschlackt und damit sollen besonders kleine Unternehmen entlastet werden, indem etwa die Schwelle für einen obligatorischen Datenschutzbeauftragten erhöht wird. Bei der Exportkontrolle soll vor allem dem Mittelstand das Geschäft erleichtert werden - mit mehr Personal und vereinfachten Verfahren.

INVESTITIONEN

Das Ampel-Bündnis will mehr Raum für private Investitionen schaffen - etwa mit beschleunigter Abschreibung von Investitionen und einer besseren Forschungszulage. So soll die sogenannte degressive AfA bis 2028 verlängert werden und der Satz von 20 auf 25 Prozent steigen. Zudem soll es eine Sonderabschreibung für gewerblich genutzte E-Autos geben. "Das kann das Klima gut gebrauchen und das kann die deutsche Automobilwirtschaft gut gebrauchen", sagte Habeck.

Ferner soll die staatliche Förderbank KfW Instrumente bekommen etwa zur Unterstützung des Ausbaus von Produktionskapazitäten. Hier soll es um Bundesgarantien gehen und um zinsverbilligte Kredite. Außerdem soll es einen Eigenkapital-Transformationsfonds geben, der einen besonderen Fokus auf Mittelstand und Handwerk legt. Um den Finanzstandort gezielt zu stärken, sollen sich die Rahmenbedingungen für Wagniskapitalinvestitionen verbessern.

ENERGIEPREISE

Für den Wirtschaftsstandort will die Koalition sichere, saubere und bezahlbare Energie ermöglichen. Um die Wirtschaft zu entlasten, soll das im November beschlossene Strompreispaket verstetigt und ausgeweitet werden. "Wir senken die Stromsteuer für die jetzt Begünstigten dauerhaft auf das EU-Minimum und wir verlängern die Strompreiskompensation bis 2030", heißt es. Zudem sollen die Erneuerbaren Energien "mit voller Kraft" ausgebaut werden. Um Stromkunden oder die Wirtschaft nicht zu überlasten, sollen Netzkosten gesenkt und Netzentgelte stabilisiert werden.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Sabine Wollrab - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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