Istanbul, 26. Dez (Reuters) - Die türkische Zentralbank hat angesichts der nachlassenden Inflation erstmals seit Anfang 2023 ihren Leitzins gesenkt. Dieser werde auf 47,5 Prozent zurückgenommen, teilten die Währungshüter am Donnerstag mit. Seit März hatte er bei 50 Prozent gelegen. Wie es künftig weitergeht, ließ die Zentralbank offen. Man werde "umsichtig von Sitzung zu Sitzung" entscheiden, hieß es lediglich.
Am türkischen Aktienmarkt kam die Nachricht gut an. Der Leitindex zog um 1,2 Prozent an, wobei der Bankenindex mit zwei Prozent besonders stark zulegte. Die Lira geriet dagegen etwas unter Abwertungsdruck: Der Kurs der türkischen Landeswährung gab leicht auf 35,235 zum Dollar nach.
Die Inflationsrate ist im November auf den tiefsten Stand seit rund anderthalb Jahren gefallen. Die Verbraucherpreise stiegen um rund 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt ermittelte. Noch zu Jahresbeginn hatte die Teuerungsrate bei 75 Prozent gelegen. Die Zentralbank rechnet im zu Ende gehenden Jahr mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 44 Prozent, die sich 2025 auf 21 Prozent mehr als halbieren soll. Mittelfristig strebt sie einen Wert von fünf Prozent an.
Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich als "Zinsfeind" bezeichnet und einer strafferen Geldpolitik lange entgegengestanden. Wegen der drastischen Abwertung der Lira sah sich die Zentralbank aber zum Handeln gezwungen und erhöhte den Leitzins seit vergangenem Jahr von 8,5 auf zuletzt 50 Prozent. Die Lira hat binnen sieben Jahren um fast 90 Prozent zum Dollar nachgegeben. Das macht Importe teurer, was wiederum die Inflation anheizt. Die hohen Zinsen dämpfen die Nachfrage, was den Preisauftrieb eingrenzen kann.
Erdogans Bemühungen, die Kreditkosten trotz steigender Preise zu senken, haben in den vergangenen Jahren die Glaubwürdigkeit der Zentralbank beschädigt. Ein Großteil ihrer Währungsreserven wurden aufgezehrt und ausländische Investoren in die Flucht getrieben.
(Bericht von Ezgi Erkoyun und Ece Toksabay, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)