Jerusalem, 26. Dez (Reuters) - Israels ultranationalistischer Sicherheitsminister Itamar Ben-Gwir hat sich nach eigenen Angaben "zum Gebet" auf das Gelände der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem begeben. Damit stellte er erneut die Regeln für einen der umstrittensten heiligen Orte der Welt und einen der sensibelsten Punkte im Nahen Osten infrage. Das Gelände wird von den Juden Tempelberg genannt und ist ihnen sowie Muslimen und Christen heilig. Im Rahmen einer jahrzehntealten Status-Quo-Vereinbarung mit den muslimischen Behörden wird der Al-Aksa-Komplex von einer jordanischen religiösen Stiftung verwaltet. Juden dürfen das Gelände zwar besuchen, aber nicht dort beten, was von Muslimen als Provokation empfunden würde. Offiziell akzeptiert Israel die Regeln, die das Gebet von Nicht-Muslimen auf dem Moschee-Gelände einschränken.
"Ich bin heute zu unserer heiligen Stätte aufgestiegen, um für das Wohlergehen unserer Soldaten zu beten und mit Gottes Hilfe eine schnelle Rückgabe aller Geiseln und einen totalen Sieg zu erreichen", schrieb hingegen Ben-Gwir auf der Social-Media-Plattform X. Sein Betrag enthielt ein Foto, das ihn zeigt, wie er durch den Komplex spaziert. Videos oder Fotos, die den Minister beim Beten zeigen, sind aber nicht zu sehen.
Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu veröffentlichte umgehend eine Erklärung, in der es die offizielle Position Israels bekräftigte. Vorstöße von Ultranationalisten, Israel könnte die Vorschriften zur Religionsausübung auf dem Al-Aksa-Gelände ändern, haben in der Vergangenheit zu Protesten der Palästinenser und zu Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften geführt. Erst im August hatte Ben-Gwir seine Forderung wiederholt, Juden das Beten an der Al-Aksa-Moschee zu erlauben, und damit scharfe Kritik geerntet. Bereits in der Vergangenheit hatte er das Moscheegelände besucht, das für die Muslime das drittwichtigste Heiligtum ist.
Ben-Gwir ist Vorsitzender einer der beiden religiös-nationalistischen Parteien in Netanjahus Regierungskoalition, die so weit rechts steht wie keine vor ihr. Der Sicherheitsminister äußert sich seit langem immer wieder aufrührerisch. Damit findet er zwar bei seinen Anhängern Anklang, stellt sich jedoch gegen offizielle Linie der Regierung. Die israelische Polizei hat Ministern in der Vergangenheit den Zutritt zum Al-Aksa-Komplex verweigert und das damit begründet, dass dies die nationale Sicherheit gefährde. Als Sicherheitsminister hat Ben-Gwir die Kontrolle über die israelische Nationalpolizei.
(Bericht von: Emily Rose, geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Rene Wagner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)