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Hohe Spritsteuern und Anreize für Elektroautokäufer
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Fast 90 Prozent Elektroanteil bei Neuwagen
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Vor allem Mietwagenfirmen halten sich noch bei Umstellung zurück
(Neu: Details, Hintergrund, Zitate) |
Oslo, 02. Jan (Reuters) - In Norwegen werden Diesel- und |
Benzinautos zum Auslaufmodell. Inzwischen sind fast neun von |
zehn verkauften Neuwagen in dem skandinavischen Land |
Elektroautos, wie aus Daten der Straßenverkehrsbehörde vom |
Donnerstag hervorgeht. Damit ist das Land fast an seinem Ziel, |
ab 2025 nur noch Elektroautos neu auf die Straßen zu bringen. |
"Norwegen wird das erste Land der Welt sein, das Diesel- und |
Benzinfahrzeuge so ziemlich vom Neuwagenmarkt nimmt", sagt |
Christina Bu, Chefin des norwegischen Elektroauto-Verbandes. Das |
ölreiche Land im Norden Europas ist damit neben China Vorreiter |
bei der Elektromobilität. In der Europäischen Union läuft es |
dagegen bei den Elektroautos nicht so gut. |
Die norwegische Regierung hat hohe Einfuhrzölle auf |
Verbrennerfahrzeuge verhängt, während Elektroautos von |
derartigen Abgaben ausgenommen sind und weitere |
Steuererleichterungen gelten. Nach Einschätzung von Experten |
funktioniert diese Strategie auch deswegen, weil sie über lange |
Zeit beibehalten wurde. "In anderen Ländern sehen wir es häufig, |
dass Steuervergünstigungen zuerst beschlossen und dann wieder |
zurückgenommen werden", sagt Bu. Das sieht auch die Regierung |
so: "Das ist die wichtige Lektion: Stelle ein großes Paket an |
Anreizen zusammen und mache es langfristig vorhersehbar", sagt |
Vize-Verkehrsministerin Cecilie Knibe Kroglund. |
Zugute kommt Norwegen auch, dass in dem Land selbst |
keine Autos gebaut werden - und es deswegen auch keine mächtige |
Autolobby gibt. "Deswegen war es in der Vergangenheit leicht, |
sehr hohe Steuern auf Autos zu verhängen", sagt Ulf Tore |
Hekneby, Chef des größten norwegischen Fahrzeugimporteurs Harald |
A. Moeller. 2024 kamen die meisten Autos von Tesla <TSLA.O>, |
gefolgt von Volkswagen <VOWG_p.DE> und Toyota, aber auch |
chinesische Anbieter gewinnen Marktanteile. |
Bu sieht es als weiteren Erfolgsfaktor an, dass die |
norwegische Regierung auf Anreize und nicht auf Verbote setzt. |
"Das hätte die Leute nur verärgert, niemand lässt sich gerne |
sagen, was er machen muss." In der EU läuft die Autolobby Sturm |
gegen das Verbrenner-Aus ab 2035. Vor allem BMW <BMWG.DE>-Chef |
Oliver Zipse kritisiert die Entscheidung immer wieder und |
verweist unter anderem auf die Gefahr, dass Europa dann abhängig |
von chinesischen Zulieferern werden könnte. Dazu kommt das |
Risiko, dass der Automarkt einbricht, weil sich kurz vor Ablauf |
dieser Frist Käufer mit Verbrennern eindecken und danach vor dem |
Kauf von Neuwagen zurückscheuen. |
In der EU schwächelt der Elektroautomarkt derzeit, der |
Absatz der Fahrzeuge geht zurück. Vor allem das abrupte Aus der |
Umweltprämie in Deutschland ließ die Nachfrage nach derartigen |
Fahrzeugen einbrechen. Zugleich gelten seit diesem Jahr |
strengere CO2-Flottengrenzwerte. Fachleute gehen davon aus, dass |
diese Grenzwerte ohne einen höheren Anteil von Elektroautos |
nicht eingehalten werden können und vielen Herstellern damit |
Strafzahlungen drohen. |
MEHR ELEKTROAUTOS ALS BENZINER AUF NORWEGENS STRASSEN |
Auch wenn die Umstellung auf dem Gebrauchtwagenmarkt |
länger dauert, sind die Ergebnisse auf den Straßen in Norwegen |
sichtbar. Schon jetzt ist der Anteil von Elektroautos größer als |
der von Benzinfahrzeugen, lediglich Dieselautos sind in dem |
weiten Land noch stärker vertreten. Das zeigt sich an |
Tankstellen, an denen immer mehr Elektro-Ladepunkte installiert |
werden. "Innerhalb der nächsten drei Jahre werden wir mindestens |
so viele Ladesäulen wie Pumpstellen haben", sagt Anders Kleve |
Svela, Manager beim größten Tankstellenbetreiber Circle K. "In |
wenigen Jahren werden mehr als die Hälfte der Autos in Norwegen |
elektrisch angetrieben werden. Wir müssen unsere Aktivitäten |
darauf ausrichten." |
Und dennoch bleiben einige Kundengruppen auch bei |
Neuwagen den Verbrennern treu. "Die wichtigsten Käufer von |
Verbrennern sind Mietwagenfirmen, weil viele Touristen nicht mit |
Elektroautos vertraut sind", sagt Hekneby. |
(Bericht von Nerijus Adomaitis, geschrieben von Christina Amann, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)