(Neu: Iranischer Botschafter in Berlin einbestellt)
*
Verdächtiger soll schon bald aus Dänemark überstellt werden
*
Mann soll jüdische Örtlichkeiten in Berlin ausgespäht haben
*
Wadephul: "Ungeheuerlicher Vorgang" |
*
Iranische Botschaft weist Anschuldigung zurück |
Berlin, 01. Jul (Reuters) - Wegen mutmaßlicher Spionage |
für den Iran hat die Bundesanwaltschaft einen dänischen |
Staatsbürger festnehmen lassen. Der Mann soll Anfang des Jahres |
von einem iranischen Geheimdienst den Auftrag erhalten haben, in |
Berlin Informationen über jüdische Einrichtungen und bestimmte |
jüdische Personen zu sammeln, wie die oberste deutsche |
Anklagebehörde am Dienstag mitteilte. Dazu soll Ali S. im Juni |
vor Ort drei Objekte ausgespäht haben. "Dies diente mutmaßlich |
der Vorbereitung weiterer geheimdienstlicher Operationen in |
Deutschland, möglicherweise bis hin zu Anschlägen gegen jüdische |
Ziele." Das Auswärtige Amt bestellte am Nachmittag den |
iranischen Botschafter ein. Die iranische Botschaft wies die |
Anschuldigung eines geplanten Angriffs auf jüdische |
Einrichtungen zurück. |
Laut Bundesanwaltschaft wurde der Mann afghanischer Herkunft in Aarhus in Dänemark festgenommen. Ein Haftbefehl des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof datiert vom 24. Juni 2025 liege vor. Der Beschuldigte werde nach seiner Überstellung aus Dänemark dem Ermittlungsrichter in Karlsruhe vorgeführt, hieß es weiter. Gerechnet wird damit bereits in den nächsten Tagen. Der Fall gehe auf Erkenntnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz zurück. Mit den weiteren Ermittlungen wurde das Bundeskriminalamt beauftragt.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig äußerte sich besorgt über die Vorwürfe: "Wenn sich dieser Verdacht bestätigt, dann haben wir es mit einem ungeheuerlichen Vorgang zu tun", erklärte die SPD-Politikerin. "Der Schutz jüdischen Lebens hat für die Bundesregierung höchste Priorität." Nach "Spiegel"-Informationen soll zu den ausgespähten Objekten der Sitz der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sowie ein Gebäude gewesen sein, in dem sich der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gelegentlich aufhalte. Angeheuert worden sei Ali S. von den Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarde, einer Eliteeinheit, die auf Auslandseinsätze spezialisiert sei.
Schuster sprach von einem "deutlichen Alarmsignal", das beunruhigend sei. "Der Spion hatte einen klaren Auftrag ? und der kam vermutlich direkt aus Teheran. Der Arm des Terrors der Mullahs reicht bis nach Deutschland und Europa." Die Bundesregierung müsse jetzt "nicht nur weiter wachsam sein, sondern aktiv politisch gegen das iranische Regime vorgehen". Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, forderte ein Betätigungsverbot für die Revolutionsgarden in Deutschland. Außenminister Johann Wadephul müsse den iranischen Botschafter in Berlin sofort einbestellen, erklärte Beck.
Wadephul erklärte am Rande seines Besuchs in der ukrainischen Hafenstadt Odessa: "Wenn dieser Verdacht sich bestätigen sollte, dann wäre das ein ungeheuerlicher Vorgang, der erneut verdeutlichen würde, dass der Iran überall auf der Welt eine Gefahr für Jüdinnen und Juden ist, und dem werden wir uns klar entgegenstellen." Alle staatlichen Behörden in Deutschland seien verpflichtet, alles zu tun, "damit Jüdinnen und Juden nicht bedroht sind". Das Auwärtige Amt forderte auf der Plattform X, dass der Fall "lückenlos aufgeklärt" werde, und teilte weiter mit: "Der iranische Botschafter wurde heute ins Auswärtige Amt einbestellt."
Die iranische Botschaft in Berlin erklärte: "Diese unbegründeten und gefährlichen Anschuldigungen scheinen Teil einer gezielten Kampagne zu sein, die darauf abzielt, die öffentliche Aufmerksamkeit von der jüngsten Aggression des zionistischen Regimes gegen iranisches Staatsgebiet und der Ermordung von nahezu tausend Iranerinnen und Iranern ? darunter Frauen, Kinder und Wissenschaftler ? abzulenken." Dies sei ein neuer Beweis, "dass bestimmte Drittparteien durch künstliche Inszenierungen versuchen, die öffentliche Wahrnehmung von den tatsächlichen Geschehnissen abzulenken."
(Bericht von Alexander Ratz Redigiert von Christian Götz Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)