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11.09.2024 /11:26:56
TOP-THEMA-Merz und Scholz werfen sich im Bundestag Versagen bei Migration vor

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Scholz: Gesprächsangebot an Union steht weiter



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Dröge wirft CDU-Chef Sandkasten-Verhalten vor



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Merz nennt Vorwurf "infam", dass Abbruch geplant gewesen sei



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Union und AfD werfen Ampel wirtschaftlichen Niedergang vor

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- von Andreas Rinke und Alexander Ratz
Berlin, 11. Sep (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz
wirft CDU-Chef Friedrich Merz vor, sich der Verantwortung für
eine Lösung im Kampf gegen die irreguläre Migration zu
entziehen. "Sie haben sich in die Büsche geschlagen ? das ist
nicht gut für Deutschland", sagte Scholz am Mittwoch in einer
emotional geführten Generaldebatte über den Bundeshaushalt 2025
im Bundestag. In der vom Asyl-Thema dominierten Debatte warf
Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge dem Oppositionsführer
vor, er verhalte sich wie jemand im Sandkasten, der hinschmeiße,
weil er nicht alles selbst bestimmen könne. Kritik an der Union
kam auch vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr.

Dagegen bemängelten Merz und der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dass die Ampel-Koalition und der Kanzler nicht entschlossen gegen die illegale Migration vorgehen wollten. Nötig sei wenigstens eine zeitlich befristete Zurückweisung aller Asylbewerber an den Grenzen, sagte Merz. Die Menschen müssten gemäß den Dublin-Regelungen dort einen Asyl-Antrag stellen, wo sie das Gebiet der Europäischen Union zuerst betreten hätten.

Bereits am Dienstag hatten sich Scholz und Merz nach dem Abbruch der Gespräche zwischen Regierung, Union und Bundesländern über ein härteres Grenz-Management gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht. Die Union hatte die Gespräche für beendet erklärt, weil ihr die Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht ausreichten. Man begebe sich nicht in eine "Endlosschleife" von Gesprächen mit der Regierung, sagte Merz. In der Debatte wurde deutlich, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt: Umfassende Zurückweisungen aller Asylsuchenden an der Grenze seien rechtlich möglich und praktisch geboten, sagte Merz. Redner der Ampel-Regierung erklärten dagegen, dass dies nicht mit dem Europarecht vereinbar sei.

SCHOLZ ERNEUERT GESPRÄCHSANGEBOT AN UNION

Scholz warf dem CDU-Vorsitzenden vor, er habe das Scheitern der Gespräche schon vor zwei, drei Wochen geplant. "Die Bürger wollen aber keine Theateraufführung." CDU-Chef Merz konterte, dieser Vorwurf sei infam.

Vertreter der Ampel-Regierung betonten, dass das Angebot an die Union weiter stehe, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. "Wir schlagen niemals eine Tür zu. Sie können immer wieder kommen", sagte der Kanzler. Er erinnerte daran, dass die damals oppositionelle SPD in den 90er Jahren bereit war, bei der Verschärfung der Asyl-Gesetze mitzuarbeiten. "Führung ist nicht, dass man auf eine Barrikade steigt und wilde Gesten zeigt", sagte Scholz an Merz gerichtet. "Führung ist, die eigenen Leute zu einem Kompromiss zu bewegen." Scholz kündigte an, dass seine Regierung die Vorschläge für ein effektiveres Grenzmanagement ohne die Union umsetzen werde. Im Bundestag ist sie dafür nicht auf die Stimmen der Union angewiesen.

MERZ UND DOBRINDT SEHEN VERSAGEN DER AMPEL

Merz warf in seiner Rede der Bundesregierung auch wirtschaftliches Versagen vor. Auf den entscheidenden Feldern wie etwa der Energie- oder Haushaltspolitik sei die Koalition von SPD, Grünen und FDP verantwortlich für einen Niedergang des Landes. Der CDU-Chef kritisierte, dass der Kanzler in seiner Rede nicht auf Probleme der Industrie und von Unternehmen wie VW eingegangen sei.

CSU-Landesgruppenchef Dobrindt warf dem Kanzler Ignoranz und Arroganz vor. "Ihre Koalition ist keine Koalition des Fortschritts, es ist eine Koalition des Abstiegs in diesem Land." Deutschland sei seit Antritt der Ampel weder sicherer geworden noch wettbewerbsfähiger. Scholz habe einen Doppel-Wumms versprochen, "geliefert haben Sie eine Doppel-Null", sagte Dobrindt. Die Folge sei der Aufstieg radikaler Parteien, sagte er mit Blick auf AfD und BSW.

Auch die AfD-Fraktions-Co-Vorsitzende Alice Weidel machte Scholz schwere Vorwürfe und bezeichnete ihn als Kanzler des Niedergangs. Sie forderte ein Moratorium für Einwanderungen und die sofortige Abschiebung aller illegal in Deutschland lebenden Menschen.

(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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