- von Klaus Lauer |
Berlin, 15. Jan (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft ist |
2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft und bleibt damit in |
der Rezession. Vor allem hohe Energiekosten, maue Exporte und |
eine schwache Weltkonjunktur führten dazu, dass das |
Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent sank. Bereits 2023 |
hatte es einen Rückgang von 0,3 Prozent gegeben. Zwei |
Minus-Jahre in Folge gab es seit Gründung der Bundesrepublik |
bisher erst einmal - 2002/03. Im Folgenden die Entwicklung |
wichtiger Kennziffern: |
Die Summe aller produzierten Waren und erbrachten Dienstleistungen sank 2024 um 0,2 Prozent. "Dazu beigetragen haben zunehmende Konkurrenz auf wichtigen Absatzmärkten, unsichere wirtschaftliche Aussichten, ein nach wie vor erhöhtes Zinsniveau und hohe Energiekosten", sagt die Präsidentin des Statistischen Bundesamts, Ruth Brand.
Im ersten Quartal legte die Wirtschaft um 0,2 Prozent zu, schrumpfte dann im Frühjahr um 0,3 Prozent. Nach einem Mini-Plus von 0,1 Prozent im Sommer folgte im Schlussquartal 2024 dann nach ersten Berechnungen erneut ein Minus von 0,1 Prozent. Wegen des Auf und Abs sprechen Fachleute hier auch von einer Wellblechkonjunktur.
Unter den großen EU-Mitgliedstaaten ist Deutschland das einzige Land mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Jahr 2024, wie das Statistikamt erklärt. Auch im Vorkrisenvergleich schneide die deutsche Wirtschaft international schlecht ab. "Gegenüber 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie, stieg die Wirtschaftsleistung in Deutschland lediglich um 0,3 Prozent und damit deutlich schwächer als in den meisten anderen europäischen Staaten."
Die Wirtschaftsleistung im Produzierenden Gewerbe - ohne Bau - ging deutlich um drei Prozent zurück. "Vor allem gewichtige Bereiche wie der Maschinenbau oder die Automobilindustrie produzierten deutlich weniger", erklärt das Statistikamt. Der Rückgang in der Autobranche resultiere nicht zuletzt daraus, dass Elektrofahrzeuge 2024 weniger nachgefragt worden seien. Die staatliche Förderung war hier Ende 2023 ausgelaufen.
Der Außenhandel bremste das BIP um 0,4 Prozentpunkte. Denn während die Importe um 0,2 Prozent zulegten, sanken die Exporte um 0,8 Prozent. Konjunkturexperte Jan-Christopher Scherer vom Berliner DIW-Institut erwartet auch 2025 keine Impulse vom Außenhandel. "Angesichts der bevorstehenden Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump besteht das Risiko, dass es künftig sogar noch deutlich schlechter läuft, sollte es international vermehrt zu Zöllen und weiteren Handelsbeschränkungen kommen."
Die Dienstleister entwickelten sich 2024 insgesamt positiv mit plus 0,8 Prozent - jedoch uneinheitlich. So stagnierte die Bruttowertschöpfung im Wirtschaftsbereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe. Dabei konnten der Einzelhandel und die Anbieter von Verkehrsdienstleistungen jeweils Zuwächse verzeichnen, während der Kfz- und Großhandel sowie die Gastronomie weniger erwirtschafteten als im Vorjahr. Der Wirtschaftsbereich Information und Kommunikation setzte seinen Wachstumskurs mit plus 2,5 Prozent fort.
Die Inflation ebbte zwar im Jahresschnitt deutlich ab - auf 2,2 von 5,9 Prozent 2023. Insgesamt blieb die Teuerung aber auf hohem Niveau. Damit dämpfte die Teuerung die Kaufkraft der Verbraucherinnen und Verbraucher. Dies führte dazu, dass die Menschen ihre Ausgaben nur um 0,3 Prozent steigerten. Sie legten auch viel Geld auf die hohe Kante. Die Sparquote - also der Anteil des Sparens in Prozent des verfügbaren Einkommens - stieg auf 11,6 (2023: 10,4) Prozent. Klammert man die Corona-Jahre 2020 und 2021 aus, "sparten die privaten Haushalte insgesamt so stark wie seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr", erklärt das Statistikamt.
Die Zuwanderung und eine steigende Erwerbsbeteiligung führten zu einem Rekord auf dem Arbeitsmarkt. Im vorigen Jahr gab es durchschnittlich 46,1 Millionen Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland. Das waren 0,2 Prozent oder 72.000 Personen mehr als im Jahr davor und so viele wie noch nie.
Nach ersten Berechnungen sank die Arbeitsproduktivität 2024 um 0,1 Prozent. Im Gegensatz dazu stiegen die durchschnittlichen Lohnkosten um gut fünf Prozent. Folglich kletterten auch die Lohnstückkosten ? also das Verhältnis der Lohnkosten zur Arbeitsproduktivität ? um rund 5,5 Prozent.
(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)