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14.10.2024 /12:46:18
FOKUS 1-Geheimdienste warnen vor Gefahr durch Russland

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BND-Chef: Bis 2030 ist Russland stark genug für Angriff auf Nato



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Russland weist Vorwurf zurück

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BND, BfV und BAMAD pochen auf mehr Kompetenzen und Mittel

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Haldenwang: Verstärkte Spionage und Sabotage
 
(Neu: Kahl, Haldenwang, Rosenberg, Faeser)
Berlin/Moskau, 14. Okt (Reuters) - Die deutschen
Geheimdienste warnen vor einer wachsende Gefahr durch Russland.
"Spätestens Ende dieses Jahrzehnts dürften russische
Streitkräfte in der Lage sein, einen Angriff auf die Nato
durchzuführen", sagte der Präsident des
Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, am Montag in einer
Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages.
"Wir beobachten ein aggressives Agieren der russischen
Nachrichtendienste", betonte auch der Präsident des Bundesamts
für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang. Zusammen mit der
Präsidentin des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst
(BAMAD), Martina Rosenberg, forderten sie mehr Kompetenzen und
Mittel zur Gefahrenabwehr.

BND-Chef Kahl verwies auf die wachsende auch militärische Bedrohung durch Russland. "Der Kreml sieht die Bundesrepublik Deutschland als Gegner", fügte der BND-Chef mit Hinweis darauf hinzu, dass Deutschland der zweitgrößte Unterstützer der von Russland 2022 überfallenen Ukraine sei. "Wir stehen in einer direkten Auseinandersetzung mit Russland", sagte Kahl. Russlands Präsident Wladimir Putin gehe es nicht nur um die Ukraine, sondern "in Wirklichkeit um die Schaffung einer neuen Weltordnung". Die russischen Militärausgaben seien drastisch nach oben geschraubt worden. Zudem agierten die russischen Geheimdienste verstärkt mit allen ihren Möglichkeiten "und ohne jeglichen Skrupel". "Eine weitere Lageverschärfung ist alles andere als unwahrscheinlich", warnte der BND-Präsident.

Russland wies die Äußerung von Kahl zurück. Es sei die Nato, die Russland bedrohe und nicht umgekehrt, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow und verwies auf die schrittweise - von den osteuropäischen Staaten allerdings jeweils gewünschte - Nato-Erweiterung der vergangenen Jahre.

BfV-Präsident Haldenwang verwies darauf, dass insbesondere russische Spionage und Sabotage in Deutschland deutlich zunehme. Details durften er wie auch Rosenberg und Kahl mit Blick auf die nötige Geheimhaltung nicht nennen. Vor einigen Jahren habe er mit Blick auf die verschiedenen Herausforderungen gesagt, dass Russland der Sturm ist, China der Klimawandel. "Aber aus dem Sturm ist inzwischen ein militärischer Hurrikan geworden. Dieser Hurrikan zieht mit Macht von Ost nach West", sagte Haldenwang. Er verwies darauf, dass es aber auch ein Erstarken des islamistischen Extremismus gebe.

BAMAD-Chefin Rosenberg wies darauf hin, dass die Zahl der Ausspähversuche der sogenannten kritischen Infrastruktur "besorgniserregend" hoch sei und zu erhöhter Wachsamkeit zwinge. "Die Bundeswehr steht dabei im Fokus. Sei es, um deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine, Ausbildungsvorhaben oder Rüstungsprojekte aufzuklären, oder um durch Sabotagehandlungen das Gefühl der Unsicherheit zu vermitteln", sagte sie.

Alle drei Geheimdienst-Chefs mahnten, dass die Sicherheitsdienste mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet werden müssten, um die Gefahren abwehren zu können. Rosenberg sagte, sie hoffe auf "eine Realitätsanpassung der Gesetzeslage, um unseren Auftrag bestmöglich erfüllen zu können". So sei der BAMAD bisher rechtlich gar nicht in der Lage, die geplante Stationierung einer Bundeswehr-Brigade samt Angehörigen in Litauen ausreichend zu schützen.

BND-Chef Kahl verwies darauf, dass sich auch die Dienste in Deutschland selbst stärker gegen Spionage und Sabotage schützen müssten und kritisierte zunehmende bürokratische Kontrollauflagen durch die Politik. Er mache sich "ernsthafte Sorgen", dass "eine zunehmende Dominanz der Kontrolle und eine immer weiter voranschreitende Einschränkung unserer Befugnisse" die Effizienz der Geheimdienste schwäche. "Die deutschen Nachrichtendienste brauchen aus meiner Sicht deutlich mehr operative Beinfreiheit", mahnte er.

(Bericht von Andreas Rinke, Dmitry Antonov; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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