Paris/Berlin, 08. Jan (Reuters) - Deutschland und Frankreich setzen sich dafür ein, die EU-Sanktionen gegen Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad zu lockern. Der französische Außenminister Jean-Noel Barrot sagte am Mittwochmorgen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die bestehenden Strafmaßnahmen gegen das Land behinderten die Lieferung von humanitärer Hilfe und stünden dem Wiederaufbau Syriens entgegen. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin verlautete am Dienstagabend, es werde "aktiv" darüber diskutiert, "wie wir die syrische Bevölkerung in bestimmten Sektoren von Sanktionen entlasten können".
Strafmaßnahmen gegen diejenigen, die unter Assads Führung schwere Verbrechen begangen hätten, sollten allerdings aufrechterhalten werden, hieß es aus dem Berliner Ministerium weiter. Eine mögliche Lockerung der Sanktionen ist Folge des Treffens von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Barrot mit der neuen syrischen Führung am vergangenen Freitag in Damaskus. Die beiden Minister waren dabei explizit im Auftrag der Europäischen Union im Einsatz. Im Auswärtigen Amt wurde allerdings betont, dass solche Entscheidungen von den 27 EU-Staaten einstimmig getroffen werden müssten. Die Außenministerinnen und Außenminister der EU kommen am 27. Januar zu den nächsten turnusgemäßen Beratungen in Brüssel zusammen.
Wie es mit den Maßnahmen weitergehe, hänge maßgeblich davon ab, wie die neuen Machthaber in Damaskus etwa mit Minderheiten umgingen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt weiter. Eine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung lag zunächst nicht vor. Auch die USA hatten am Montag gewisse Syrien-Sanktionen für zunächst sechs Monate ausgesetzt. Dadurch sollen unter anderem die Lieferungen von humanitärer Hilfe erleichtert und Probleme bei der Energieversorgung gelindert werden.
Am 8. Dezember hatten Aufständische unter der Führung der islamistischen HTS-Miliz nach einer wenige Tage dauernden Offensive die Kontrolle über Damaskus übernommen und die jahrzehntelange autokratische Herrschaft der Familie Assad beendet. Die in der Vergangenheit mit Al-Kaida und dem Islamischen Staat verbündete HTS demonstriert seitdem Mäßigung und den Willen, sämtliche Gruppen des Vielvölkerstaats Syrien zu respektieren. Sie wird jedoch unter anderem von der EU nach wie vor als Terrororganisation eingestuft.
(Bericht von John Irish, Alexander Ratz Redigiert von Kerstin Dörr Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)