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04.07.2025 /09:41:41
FOKUS 1-Industrie mit Auftragsschwund - "Inlandsgeschäft eingebrochen"

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Minus von 1,4 Prozent im Mai - Auch Umsatz sinkt

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Ministerium schließt langsamere Nachfrage nicht aus
 
(neu: mit DIHK, Ministerium, Ökonomen)
Berlin, 04. Jul (Reuters) - Rückschlag für die zuletzt
im Aufwind befindliche deutsche Industrie: Ihre Aufträge sind im
Mai wegen der sinkenden Nachfrage aus dem Inland und der
Euro-Zone überraschend stark gefallen. Sie schrumpften um 1,4
Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische
Bundesamt am Freitag mitteilte. Viele Großaufträge verhinderten
dabei einen noch größeren Rückgang. Von der Nachrichtenagentur
Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Mini-Minus von
0,1 Prozent gerechnet, nachdem es im April (plus 1,6 Prozent)
und März (plus 3,4 Prozent) zwei Anstiege in Folge gegeben
hatte. Im Mai wuchs zwar das Auslandsgeschäft trotz sinkender
Bestellungen aus den Euro-Ländern um 2,9 Prozent, doch dafür
brachen die Inlandsaufträge um 7,8 Prozent ein.

"Das sind eindeutig enttäuschende Zahlen von der deutschen Industrie", sagte Commerzbank-Ökonom Ralf Solveen. Dies zeige trotz der zuvor überraschend guten Entwicklung, "dass man noch nicht von einer Trendwende reden kann", sagte der Konjunkturexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Jupp Zenzen. "Gerade die Inlandsaufträge sind regelrecht eingebrochen." Angesichts hoher Kosten und unsicherer wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen hielten sich die Unternehmen mit Investitionen und größeren Bestellungen zurück.



"US-ZOLLPOLITIK ALS DAMOKLESSCHWERT"
 
Andere Experten raten dazu, den Rückschlag nicht
überzubewerten. "Zuletzt waren die Zahlen aus der Industrie
durchaus ansprechend, sodass auch mal der eine oder andere
Rücksetzer zu verkraften ist", kommentierte Ökonom Jens-Oliver
Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die
Entwicklung. Im weniger stark schwankenden Dreimonatsvergleich
fällt die Bilanz positiv aus: Hier lag der Auftragseingang von
März bis Mai um 2,1 Prozent höher als in den drei Monaten davor.
"Über allem schwebt aber weiterhin das Damoklesschwert der
US-Zollpolitik", sagte Niklasch.

Kommende Woche läuft die von US-Präsident Donald Trump angekündigte Pause bei den massiven Zollerhöhungen auf Importe auch aus der EU aus. Die USA sind der größte Abnehmer von Waren "Made in Germany". Dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge kann angesichts der handels- und geopolitischen Unwägbarkeiten "eine erneute Verlangsamung der Industrienachfrage im weiteren Verlauf nicht ausgeschlossen werden". Neue Impulse könnten vom Inlandsgeschäft kommen, hat die Bundesregierung doch beschleunigte Abschreibungsregeln für Investitionen beschlossen.

Die negative Entwicklung im Mai ist vor allem auf den
Rückgang bei den Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten,
elektronischen und optischen Erzeugnissen zurückzuführen: Hier
brachen die Neuaufträge um 17,7 Prozent ein, nachdem es im April
wegen mehrerer Großbestellungen noch ein kräftiges Plus gegeben
hatte. Auch die Hersteller elektrischer Ausrüstungen (minus 6,2
Prozent) sowie die Metallerzeuger und -bearbeiter (minus 5,1
Prozent) mussten Einbußen verkraften. Die Produzenten von
Metallerzeugnissen (plus 18,2 Prozent) und der Sonstige
Fahrzeugbau (plus 6,8 Prozent) - dazu zählen Flugzeuge, Schiffe,
Züge und Militärfahrzeuge - entzogen sich dagegen dem
Abwärtstrend.

Nicht nur die Aufträge schrumpften im Mai, sondern auch der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe: Er fiel inflationsbereinigt um 1,9 Prozent niedriger aus als im Vormonat. Im April hatte es ein Minus von 1,4 Prozent gegeben.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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