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04.07.2025 /09:52:05
Ifo-Chef kritisiert Finanzplanung der Koalition - Könnte Probleme verschärfen

Berlin, 04. Jul (Reuters) - Ifo-Präsident Clemens Fuest moniert den Entwurf des Bundeshaushalts 2025 und die Finanzplanung bis 2029 als problematisch. "Wenn die Koalition sich auf den erweiterten Verschuldungsspielräumen ausruht und Strukturreformen vernachlässigt, wird sie scheitern und die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands verschärfen", erklärte der Chef des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts am Freitag. Vielen Warnungen zum Trotz hat die Bundesregierung seiner Ansicht nach Investitionsausgaben im Kernhaushalt gestrichen und sie durch schuldenfinanzierte Investitionen ersetzt.

Außerdem sieht Fuest keine Ansätze für Reformen, die nötig seien, damit die eingeplanten Ausgabensenkungen realisiert würden. Man müsste etwa die Rentenversicherung reformieren, damit der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt an die Rentenversicherung nicht weiter steige.

Die Koalition von Union und SPD hat Ende Juni ihre Finanzpläne bis 2029 vorgelegt. Schwerpunkte werden auf der Modernisierung der Infrastruktur, dem Wohnungsbau und der Verteidigungsfähigkeit liegen. "Wir planen in diesem Jahr Rekord-Investitionen in Höhe von über 115 Milliarden Euro", hatte Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) betont. Bis 2029 sollen die jährlichen Investitionen des Bundes auf fast 120 Milliarden Euro pro Jahr steigen.

Der starke Anstieg der Rüstungsausgaben sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die finanziellen Handlungsspielräume begrenzt sind, erläuterte Fuest derweil. "In Folge der wachsenden Verschuldung steigen die Zinsausgaben von heute rund 30 Milliarden Euro bis 2029 auf über 60 Milliarden Euro." Das habe zur Folge, dass für die sonstigen Staatsausgaben wenig Spielraum bleibe. Der Ifo-Präsident hält es deshalb für nötig, angesichts der vermehrten Rüstungsanstrengungen andere Ausgaben zu senken. Davon sei aber bisher nichts zu sehen, die Koalition habe etwa die Rentenleistungen weiter erhöht.

Ein weiteres Problem sieht Fuest im Umgang mit den neuen Staatsschulden. Sie sollten eigentlich für zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung genutzt werden. Es zeige sich aber, dass Vorhaben aus dem Kernhaushalt verschoben würden, um nun über neue Schulden finanziert zu werden. "Problematisch ist unter anderem, dass 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen an die Kommunen fließen, ohne dass deren investive Verwendung sichergestellt ist."

Mit der Zustimmung zu Klingbeils Vorlagen billigte das Bundeskabinett jüngst die Aufnahme neuer Schulden von knapp 847 Milliarden Euro bis 2029. Allein für dieses Jahr sind Kredite über 140 Milliarden Euro eingeplant. Mittelfristig klaffen trotz der hohen Schuldenaufnahme erhebliche Finanzierungslücken: Von 2027 bis 2029 fehlen insgesamt 144 Milliarden Euro.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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