Brüssel, 02. Jul (Reuters) - Aus der Wirtschaft kommt Lob und Tadel für das neue Klimaziel der EU-Kommission. "Das neue Klimaziel der EU ist deutlich zu hoch gegriffen", kritisierte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Achim Dercks, am Mittwoch. "90 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2040 ist nicht realistisch." Schon das 2030er Klimaziel werde aller Voraussicht nach verfehlt. Bei noch strikteren Vorgaben für 2040 müssten in Deutschland schon in 15 Jahren die Bereiche Energieversorgung, Industrie, Gebäude und Verkehr klimaneutral sein. "Eine Durchsetzung dieses Ziels in diesem kurzen Zeitrahmen würde die deutsche Wirtschaft überfordern und zu einem spürbaren Rückgang von Wertschöpfung und Wohlstand führen", sagte Dercks.
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) begrüßt dagegen, dass die Brüsseler Behörde erstmalig flexiblere und kostengünstigere Wege zur Zielerreichung ermöglichen wolle. "Es ist allerhöchste Eisenbahn, dass die EU-Kommission beim Klimaschutz pragmatischer wird", sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. Für ein globales Problem brauche es globale Lösungsansätze. Die Möglichkeit, qualitativ hochwertige internationale Maßnahmen auf das europäische Klimaziel anzurechnen, könne Kosten sparen und europäische Unternehmen wieder konkurrenzfähiger machen. "Das ist ein wichtiges Signal aus Brüssel ? aber für die Industrie erst mal ein Muster ohne Wert", sagte Große Entrup. Wer Europas Wettbewerbsfähigkeit wirklich stärken wolle, dürfe den Emissionshandel nicht ausklammern. Hier müsse dringend nachjustiert werden.
Auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) findet lobende Worte. "Es ist ermutigend, dass die EU in Sachen Klimaschutz ambitioniert bleibt", sagte Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. "Ein ehrgeiziges Ziel für 2040 ist erforderlich." Um klimarelevante Technologien schneller auf den globalen Märkten zum Einsatz zu bringen, seien einfache Rechtsvorschriften und ausreichende Investitionen von entscheidender Bedeutung.
Die EU-Kommission hat am Mittwoch ein neues Klimaziel für das Jahr 2040 vorgeschlagen, das eine Verringerung des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen um 90 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 vorsieht. Dies solle als verbindliches Ziel auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität 2050 verankert werden. Der Vorschlag lässt den Mitgliedstaaten aber Freiraum bei der Umsetzung. Damit will die Kommission EU-Staaten entgegenkommen, die befürchten, hohe Kosten könnten die Wirtschaft und private Haushalte überfordern.
(Bericht von Rene Wagner Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)