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07.10.2024 /17:25:55
FOKUS 1-Thyssen überprüft Pläne zum grünen Umbau - Aktie unter Druck

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Business-Plan soll auch Bau von Öko-Anlage überprüfen

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Mehrkosten drohen, Aktienkurs gibt nach

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Bund: Förderung ist an Umsetzung des Projekts gebunden
 
(Neu: NRW behält sich Rückforderung der Mittel vor)
Düsseldorf, 07. Okt (Reuters) - Der kriselnde
Industriekonzern Thyssenkrupp <TKAG.DE> hat ein Fragezeichen
hinter seine Pläne für einen grünen Umbau der Stahl-Produktion
gemacht und damit seine Aktie unter Druck gesetzt. Das Papier
verlor am Montag zeitweise mehr als vier Prozent an Wert. Der
Konzern hatte zuvor mitgeteilt, seine vom Staat mit
Milliardensummen unterstützten Pläne für eine klimaschonende
Produktion unter die Lupe zu nehmen. Das Land
Nordrhein-Westfalen drohte mit der Rückforderung seiner
Fördermittel, sollte das Projekt nicht umgesetzt werden.

Der in Überarbeitung befindliche Businessplan solle auch Erkenntnisse zur weiteren "grünen Transformation" des Stahlbereichs liefern, erklärte die Thyssenkrupp-Stahltochter. "Dabei prüfen wir fortlaufend technologie- und ergebnisoffen, was die besten und wirtschaftlich tragfähigsten Lösungen unter den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen sind, um den Stahlbereich von Thyssenkrupp langfristig klimaneutral aufzustellen."

Thyssenkrupp Steel Europe reagierte damit auf einen Bericht des "Handelsblatts". Danach habe die Leitung unter Vorstandschef Miguel Lopez die Überprüfung der Pläne für die rund drei Milliarden Euro teure Anlage auf den Weg gebracht. Zu den verschiedenen Szenarien gehöre auch ein Stopp des Vorhabens, berichtete die Zeitung unter Berufung auf interne Dokumente.

BISHERIGE PLÄNE SEHEN GRÜNE STAHLPRODUKTION AB 2027 VOR

Aktuell gehe das Unternehmen davon aus, dass die geplante Direktreduktionsanlage unter den gegebenen Rahmenbedingungen realisiert werden könne, hieß es in der Stellungnahme des Konzerns. Dieser plant bisher, die Anlage 2027 in Betrieb zu nehmen. Der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen haben zusammen Fördermittel von zwei Milliarden Euro zugesagt. Diese werden Zug um Zug je nach Baufortschritt freigegeben. Es drohen allerdings Mehrkosten im dreistelligen Millionenbereich.

Die Stahlindustrie gehört zu den größten Produzenten klimaschädlichen Kohlendioxids. Mit der neuen Anlage könnte Thyssenkrupp nach eigenen Angaben im reinen Wasserstoffbetrieb jährlich bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Offen ist allerdings, woher der Wasserstoff in solch großen Mengen herkommen soll. Unklar ist auch, ob Stahlkunden wie die Automobilindustrie bereit sind, die zumindest am Anfang erwarteten Mehrkosten für den grünen Werkstoff zu zahlen.

Der Bund unterstütze den Konzern im Rahmen eines konkreten Förderprojekts dabei, einen wesentlichen Schritt in der Umstellung der Produktion auf grünen Stahl jetzt mit Nachdruck zu gehen und sich so zukunftsfähig auszurichten, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Die Zuwendungen seien an die Umsetzung des Projekts gebunden. Das Ministerium werde den Prozess weiter eng begleiten und das "nötige Commitment" einfordern. Nordrhein-Westfalen betonte, Bund und Land behielten sich vor, bei einer Nichtumsetzung des Projekts die Fördermittel in voller Höhe zurückzufordern. "Wir gehen davon aus, dass Thyssenkrupp das von Bund und Land geförderte Projekt der Direktreduktionsanlage umsetzt", sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur.

Der größte deutsche Stahlkocher wird seit Monaten vom Streit mit dem Mutterkonzern erschüttert. Im Kern geht es dabei um die Mitgift, die die Stahlsparte für den Weg in die Verselbstständigung erhalten soll. Konzernchef Lopez will das konjunkturanfällige Geschäft mit dem Werkstoff in ein Joint Venture mit der Energie-Holding des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky einbringen. Kretinsky hat bereits 20 Prozent erhalten und verhandelt über ein Paket von weiteren 30 Prozent.

(Bericht von Tom Käckenhoff, Markus Wacket, Ludwig Burger, redigiert von Olaf Brenner und Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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