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05.11.2024 /16:30:38
TOP-THEMA-Kanzler appelliert vor Ampel-Treffen: Einigung kann gelingen

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Scholz: Habeck-Vorschlag zu Intel zeigt, dass Lösung möglich ist



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Finanzministerium reagiert kühl auf Habeck-Angebot



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Grüne fordern von SPD und FDP Kompromissbereitschaft



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FDP pocht auf Kurswende in Wirtschaftspolitik





(durchgehend neu mit Scholz, Dürr, Umfrage und Hintergrund)

- von Andreas Rinke und Christian Krämer -

Berlin, 05. Nov (Reuters) - Einen Tag vor dem entscheidenden Ampel-Koalitionsausschuss hat Kanzler Olaf Scholz an die drei Regierungsparteien appelliert, eine Einigung im Haushaltsstreit zu finden. "Klar ist: Es ginge. Insofern ist die Frage nicht, ob man es überhaupt hinkriegen kann, sondern ist es möglich", sagte Scholz am Dienstag. Damit spielte er auf Spekulationen an, wonach die FDP aus dem Bündnis aussteigen könnte, ohne die Partei von Finanzminister Christian Lindner namentlich zu erwähnen. Während Scholz das Kompromissangebot von Wirtschaftsminister Robert Habeck lobte, die Intel-Fördermilliarden zum Stopfen von Haushaltslöchern zu nutzen, reagierte das FDP-geführte Finanzressort kühl.

In der Ampel wuchs die Nervosität vor dem am Mittwoch um 18.00 Uhr beginnenden Koalitionsausschuss im Kanzleramt. Vorher will Scholz vertrauliche Gespräche mit Habeck und Lindner führen. Einer Forsa-Umfrage für RTL zufolge sind die Liberalen auf drei Prozent abgesackt. 29 Prozent würden demnach FDP-Chef Lindner die Verantwortung für einen Bruch der Koalition geben. Bei Habeck und Scholz sind es 18 beziehungsweise 15 Prozent der Befragten.

SCHICKSALSABEND DER KOALITION?

Habeck hatte am Montag angeboten, dass man wie von Lindner gefordert die Milliarden für die Ansiedlung einer Chipfabrik von Intel für den Haushalt 2025 streichen könne. "Es gibt im Haushalt kein Spielgeld für einzelne Parteien", schrieb Finanzstaatssekretärin Katja Hessel aber am Dienstag auf X. Aus ihrem Ressort verlautete zudem, weil das Intel-Vorhaben entfallen sei, seien die Summen beim Stopfen von Haushaltslöchern gar nicht mehr eingerechnet worden. Allerdings hatte Lindner selbst einen Einsparbetrag durch die Streichung der Intel-Milliarden von zehn Milliarden Euro im Haushalt 2025 genannt.

Habeck habe einen konstruktiven Vorschlag unterbreitet, sagte die Grünen-Co-Fraktionschefin Dröge in der ARD. "Wenn es so knapp ist im Bundeshaushalt, dann muss sich jeder bewegen. Wenn die anderen beiden Koalitionspartner das auch machen, werden wir morgen abend auch zu einer Lösung kommen."

Der Koalitionsausschuss tagt zu den Folgen der US-Präsidentenwahl, aber auch zu den unterschiedlichen Konzepten der Ampel-Parteien, um die lahmende Wirtschaft wieder in Schuss zu bringen. Die FDP hatte zuletzt nicht ausgeschlossen, dass die Koalition diese Woche zerbricht, wenn sie sich in wichtigen Fragen nicht einigen kann. Allerdings werden für Mittwoch zahlreiche Beschlüsse im Kabinett erwartet, auch zur Umsetzung der sogenannten Wachstumsinitiative, einem Maßnahmenbündel zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich appellierte wie der Kanzler an die Partner. Deutschland brauche eine stabile Regierung. Er wünsche sich, dass die Bereinigungssitzung der Haushälter zum Haushalt 2025 wie geplant am Donnerstag kommender Woche stattfinde. Dafür müsse es vom Koalitionsausschuss politische Beschlüsse geben.

"KINDEREIEN NEHME ICH ZURÜCK"

Mützenich warf der FDP "Kindereien" durch alternative Wirtschaftstreffen parallel zu einem Industriegipfel im Kanzleramt vor - und korrigierte sich auf Nachfrage: "Den Begriff Kindereien nehme ich zurück - aus Respekt vor den Kindern." Scholz wiederum betonte, dass es um das Land und nicht um Ideologie gehen müsse. "Ganz klar, es gibt Handlungsoptionen, die da sind. Eine hat der Wirtschaftsminister aufgerufen, und diese und andere zeigen: Wenn man will, kann man sich einigen."

Dröge warf vor allem Lindner vor, er wolle mehr provozieren als eine Lösung finden. "Christian Lindner hat sich massiv verschätzt bei den Steuereinnahmen, und deswegen gibt es jetzt eine Milliardenlücke, die wir schließen müssen." Er habe zudem mit seinem Grundsatzpapier für eine andere Wirtschaftspolitik statt möglichen Lösungen nur eine Provokation vorgelegt. Lindner antwortete auf X: Wenn die Grünen seine Vorschläge als Provokation sähen, verweise er darauf, dass viele Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft sie sinnvoll für Wachstum und Arbeitsplätze fänden. "Was sagt man dazu? Gegenvorschläge sind willkommen. Nur Nichtstun ist keine Option", schrieb der FDP-Chef.

Lindner will dagegen Steuersenkungen und weniger Bürokratie durchsetzen. Zudem will er die Klimaziele verschieben und den Klimafonds KTF auflösen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte: "Wir wollen einen echten Richtungswechsel vornehmen."

Der CDU-Politiker Thorsten Frei verwies darauf, dass es bei einem Bruch der Regierung nicht unbedingt zur Neuwahl kommen müsse. Es sei möglich, dass sich Scholz für eine Minderheitsregierung entscheide. "Sie können relativ lange ohne ein verabschiedetes, beschlossenes Haushaltsgesetz arbeiten", sagte Frei und erinnerte an 2018, als erst im Sommer der Haushalt für das laufende Jahr beschlossen wurde.

(Mitarbeit: Holger Hansen, redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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