(neu: ETH, Bankiervereinigung, Axiom, Orbit36, Maverix) |
Zürich, 06. Jun (Reuters) - Die Schweizer Regierung hat |
am Freitag ihre Vorschläge für eine Verschärfung der |
Bankenregulierung veröffentlicht. Umstritten sind vor allem |
deutlich strengere Eigenkapitalanforderungen für die Großbank |
UBS <UBSG.S>. Mit dieser sowie einem Bündel von weiteren |
Maßnahmen soll verhindert werden, dass sich ein Debakel wie bei |
der im Jahr 2023 in Schieflage geratenen Credit Suisse |
wiederholt. |
Nachfolgend Stimmen aus Wirtschaft und Politik:
Der Bundesrat hat klare Leitlinien zu Eigenkapitalanforderungen und frühzeitigen Interventionen bei Schieflagen formuliert. Allerdings sind einige Details und die genaue Umsetzung von frühzeitigen Interventionen noch unklar und auf diese wird es stark ankommen. Es fehlt bislang ein überzeugendes Konzept, wie sich die Risiken einer Sanierung oder Abwicklung der UBS in Schieflage durch ein international abgestimmtes Krisenmanagement wirksam kontrollieren und begrenzen lassen. Die Glaubwürdigkeit des Too-big-to-fail-Regimes bleibt unvollendet.
Mit den heute präsentierten Vorschlägen konkretisiert der Bundesrat wichtige Lehren aus der CS-Krise, welche die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes weiter stärken werden. Das präsentierte Maßnahmenpaket ist jedoch überladen und geht zu weit. Auf eine selbstverschuldete Krise einer einzigen Bank wird mit einer Regulierungswelle für alle Banken reagiert. Verschiedene Maßnahmen schießen am Ziel vorbei und drohen den Finanzplatz und die Schweizer Wirtschaft zu schwächen. Dies in einem Umfeld zunehmender geopolitischer Rivalitäten und internationaler Deregulierung. Eine solche Entwicklung gilt es zwingend zu vermeiden. Besonders deutlich zeigt sich dies bei der vorgeschlagenen Verschärfung der Kapitalanforderungen für die UBS, welche noch extremer ausfallen als im bundesrätlichen Bericht von 2024.
Insgesamt liegen die neuen Anforderungen innerhalb der erwarteten Spanne. Was den Umfang betrifft, so liegt das zusätzlich erforderliche Kernkapital in Höhe von 26 Milliarden Dollar wahrscheinlich am oberen Ende der Spanne, doch kann dies teilweise durch eine Senkung des AT1-Kapitals um acht Milliarden Dollar gemildert werden. Eine gute Nachricht ist die Länge der Übergangsfrist von mindestens sechs bis acht Jahren.
Die Tatsache, dass UBS als Konzern mit einer CET1-Quote von rund 17 Prozent operieren muss, was deutlich über dem Niveau der globalen Konkurrenz liegt, macht sie für Investoren weniger attraktiv, wenn alles andere gleich bleibt. Die Debatte wird sich nun auf die Maßnahmen konzentrieren, die UBS ergreifen kann, um die Auswirkungen der neuen Vorschriften zu mildern, und darauf, wie sie den Gesetzgebungs-Prozess bewältigen wird. Jegliche Kommunikation bezüglich großer Aktienrückkäufe in diesem oder im nächsten Jahr wird genau beobachtet werden.
Die erste Abhilfemaßnahme besteht darin, den Kapitaleinsatz innerhalb des Konzerns zu optimieren. Mögliche Wege wären die Reduzierung des zusätzlichen Kapitals in ausländischen Tochtergesellschaften und die Erhöhung des doppelten Leverage auf Holding-Ebene. Eine zweite, störendere Option wäre der Verkauf des US-Geschäfts, der bis zu 50 Milliarden Dollar an Kapital freisetzen könnte, wenn er einen Käufer zu seinem Buchwert findet. Dies hätte den Vorteil, dass die Bedenken in der Schweiz bezüglich der Too-big-to-fail-Problematik entkräftet würden. Es gäbe jedoch auch Nebenwirkungen: den Verlust von Kunden, die ein globales Franchise suchen, die geringere Ertragsdiversifizierung auf Gruppenebene und letztlich den Verzicht darauf, ein Rivale von Morgan Stanley <MS.N> zu werden.
Das Gesamtpaket geht grundsätzlich in die richtige Richtung, insbesondere im Bereich Governance und Liquidität. Mit dem vollen Abzug der ausländischen Beteiligungen vom harten Kernkapital überschießen die Behörden. Sie richten das Kapitalerfordernis des Stammhauses auf ein hypothetisches Worst-Case-Szenario aus, das den vollständigen Verlust des in den ausländischen Tochtergesellschaften der UBS gehaltenen regulatorische Kapitals vorwegnimmt. Auch im Fall der CS ist dies nicht passiert, der Kapitalmangel im Stammhaus entstand durch eine vorgängige Überbewertung der Beteiligungen. Statt diese Mängel gezielt zu beheben, setzen die Behörden nun auf die maximal konservative Variante und nehmen dafür den Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der UBS in Kauf. Es fehlt eine überzeugende Begründung, weshalb zur Abdeckung von Extremrisiken nicht das dafür vorgesehene Gone-Concern-Kapital eingesetzt werden kann.
Auch wenn die Kapitalbelastung erheblich ist, sorgt der gestaffelte Zeitplan für eine Entschärfung der kurzfristigen negative Auswirkungen auf den Aktienpreis. Für Investoren dürfte künftig im Fokus stehen, wie UBS ihre Kapitalallokation, Aktienrückkäufe und strategische Entscheidungen ? insbesondere zur Kapitalrückführung ? gestaltet. Insgesamt schafft die Ankündigung eine Perspektive für regulatorische Planungssicherheit, auch wenn gewisse Unsicherheiten fortbestehen. Die UBS-Titel haben gegenüber dem Sektor deutlich underperformt; die heutigen Regulierungsvorschläge scheinen jedoch größtenteils bereits vom Markt antizipiert worden zu sein und führten daher zunächst zu steigenden Kursen.
"Die UBS-Aktie ist um sechs Prozent gestiegen, nachdem die Schweizer Regierung ihren mit Spannung erwarteten Kapitalbedarf bekanntgegeben hat, der eine Nettoerhöhung des CET1-Kapitals um 18 Milliarden Dollar vorsieht. Wie wir erwartet haben, wird es für UBS eine lange Phase der Umsetzung geben, sodass diese frühestens 2034 in vollem Umfang gelten wird. Die Verhandlungen werden jedoch sofort beginnen. Die Vorschläge sind so ungünstig, wie es für UBS nur sein kann. Es bedeutet, dass sie sich jetzt für einige Erleichterungen einsetzen und selbst einige Maßnahmen ergreifen kann, um die Auswirkungen abzumildern. Zum Beispiel kann sie überschüssiges Kapital ihrer Tochtergesellschaften verschieben."
Der zweitgrößten Partei des Landes zufolge "verschleppt" die Regierung die Regulierung der UBS. "Es ist richtig, dass der Bundesrat eine Stärkung der Aufsichts- und Bußenkompetenzen der Finma sowie griffige Eigenkapitalvorschriften für die Tochterfirmen vorschlägt. Letztere dienen als Risikopuffer, um zu verhindern, dass bei einem Zusammenbruch der neuen Monster-UBS am Ende wieder die Steuerzahler:innen die Bank retten müssen", erklärte Co-Präsident Cedric Wermuth. "Die SP sieht dennoch erheblichen Nachholbedarf bei den insgesamt vorgeschlagenen Maßnahmen. So fehlen etwa konkrete Vorschläge zur Reduktion der Risiken aufgrund der Größe der neuen UBS."
(Zusammengestellt von Oliver Hirt, Paul Arnold und Ariane Lüthi. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)