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01.10.2024 /14:07:39
FOKUS 2-Hafenarbeiter an US-Ostküste streiken - monatelange Auswirkungen befürchtet

(Neu: Analyst, Behörde New York)
New York, 01. Okt (Reuters) -

Nach dem Scheitern der Verhandlungen über höhere Löhne sind am Dienstag tausende Hafenarbeiter entlang der US-amerikanischen Ostküste in den Streik getreten. Damit werden alle Warenströme - von Lebensmitteln über Bekleidung bis zu Autotransporten - blockiert, was nach Experten-Einschätzung die Wirtschaft täglich Milliarden Dollar kosten könnte. Auch Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Befürchtet werden zudem Lieferengpässe und höhere Preise für Verbraucher. Die Gewerkschaft "hat das ganze Land in der Hand", sagte Steve Hughes, Chef von HCS International, eine Firma, die auf die Beschaffung und Verschiffung von Autos spezialisiert ist. "Ich habe wirklich Angst, dass es hässlich wird."

Auch außerhalb der USA könnte der Streik zu Belastungen
führen. "Wir erwarten, dass der Streik fünf bis sieben Tage
andauern wird, bis der Staat interveniert. Aber der Dominoeffekt
wird wahrscheinlich bis nach Europa und Asien mindestens bis
Januar, Februar zu spüren sein werden", kommentierte Peter Sand,
Chefanalyst beim norwegischen Marktforscher Xeneta. Allein in
den Häfen im Großraum New York City müssten fast 100.000
Container, die durch den Streik nun blockiert sind, entladen
werden. 35 Containerschiffe sollten in der kommenden Woche nach
New York fahren, erklärte Rick Cotton, Geschäftsführer der
Hafenbehörde von New York und New Jersey.
Die Gewerkschaft International Longshoremen's
Association (ILA), die 45.000 Hafenarbeiter vertritt, hatte mit
der Arbeitgebergruppe United States Maritime Alliance (USMX)
über einen neuen Sechsjahresvertrag verhandelt, der vor Ablauf
der Frist am 30. September um Mitternacht endete. "Aufgrund des
Ablaufs des Rahmenvertrags zwischen der United States Maritime
Alliance (USMX) und der ILA kommt es im Hafen von Virginia und
anderen Häfen entlang der Ost- und Golfküste der USA zu einem
Arbeitsstopp", teilte die Hafenbehörde von Virginia mit.
 
ILA - STREIKEN SO LANGE WIE NÖTIG
 
Der ILA-Vorsitzende Harold Daggett erklärte, Arbeitgeber
wie der Containerschiffbetreiber Maersk und sein
Unternehmen APM Terminals North America hätten keine
angemessenen Lohnerhöhungen angeboten oder den Forderungen nach
einem Stopp der Hafenautomatisierungsprojekte zugestimmt. "Wir
sind bereit, so lange wie nötig zu kämpfen und so lange wie
nötig zu streiken, um die Löhne und den Schutz vor
Automatisierung zu bekommen, die unsere ILA-Mitglieder
verdienen", betonte Daggett am Dienstag. "Die USMX ist jetzt für
diesen Streik verantwortlich. Sie muss jetzt unsere Forderungen
erfüllen, damit dieser Streik beendet wird." Die USMX hatte
zuvor mitgeteilt, sie habe angeboten, die Löhne um fast 50
Prozent zu erhöhen, was einem früheren Vorschlag entspreche.
 
UNTERNEHMEN VERSUCHEN STREIK-AUSWIRKUNGEN ABZUMILDERN

Der Arbeitskampf, der erste der ILA seit 1977, bereitet Unternehmen in der gesamten Wirtschaft Sorgen, die auf die Seeschifffahrt angewiesen sind, um ihre Waren zu ex- oder importieren. Einzelhändler, die etwa die Hälfte des gesamten Containertransportvolumens ausmachen, sind eifrig dabei, Ersatzpläne umzusetzen, während sie sich auf die wichtige Wintersaison vorbereiten. Viele der großen Akteure haben Halloween- und Weihnachtswaren frühzeitig ins Land gebracht, um streikbedingte Störungen zu vermeiden. Das sorgt allerdings für zusätzliche Kosten für Versand und Lagerung. Der Einzelhandelsriese Walmart <WMT.N> und die Warenhauskette Costco <COST.O> erklärten, sie täten alles, um die Auswirkungen abzumildern.

Vertreter der Regierung von US-Präsident Joe Biden hatten sich vor dem Streik mit USMX und ILA getroffen, um eine Einigung zu erzielen. Der Stabschef des US-Präsidialamtes, Jeff Zients, und die oberste Wirtschaftsberaterin Lael Brainard forderten bei einem Treffen am Montag, den Streit fair und schnell beizulegen, sagte ein Beamter. Allerdings hat die Regierung wiederholt ausgeschlossen, im Falle eines Scheiterns die Bundesbefugnisse zur Beendigung eines Streiks zu nutzen. Gemäß des Taft-Hartley-Gesetzes von 1947 hat der US-Präsident das Recht, gewisse Streiks zu unterbinden.

Die Präsidentin der US-Handelskammer, Suzanne Clark,
forderte Präsident Biden am Montag auf, seine Entscheidung noch
einmal zu überdenken. Es "wäre gewissenlos, zuzulassen, dass ein
Vertragsstreit unserer Wirtschaft einen derartigen Schock
zufügt."

(Bericht von Doyinsola Oladipo, geschrieben von Anneli Palmen und Christian Rüttger, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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