(Durchgehend neu) |
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Teheran erneut unter Beschuss |
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Medien: Wohnhaus südlich von Tel Aviv getroffen |
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Atomgespräche mit USA abgesagt |
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Trump wirbt für Diplomatie |
- von Alexander Cornwell und Parisa Hafezi |
Tel Aviv/Dubai, 15. Jun (Reuters) - Israel und der Iran |
haben ihre gegenseitigen Luftangriffe in der Nacht auf Sonntag |
fortgesetzt. Dabei wurden in Israel dem nationalen |
Rettungsdienst zufolge mindestens sieben Menschen getötet. |
Darunter seien auch zwei Kinder. Mehr als 140 Menschen seien |
verletzt worden. Das israelische Militär griff nach eigenen |
Angaben erneut die iranische Hauptstadt Teheran an. Ziele seien |
unter anderem Infrastruktur des iranischen Atomprogramms und |
Treibstofflager gewesen. Zudem seien Anlagen zum Abschuss von |
Raketen im Westen des Iran attackiert worden. US-Präsident |
Donald Trump forderte den Iran erneut auf, ein neues |
Atomabkommen einzugehen. So könne der Konflikt leicht beendet |
werden. Zugleich warnte er die Islamische Republik vor Angriffen |
auf US-Ziele. |
Falls der Iran die USA in irgendeiner Weise angreife, würde die volle Stärke und Macht der US-Streitkräfte "in einem noch nie dagewesenen Ausmaß" zurückschlagen, erklärte Trump auf seiner Online-Plattform Truth Social am Sonntag. "Wir können jedoch leicht eine Einigung zwischen Iran und Israel erzielen und diesen blutigen Konflikt beenden." Trump nannte allerdings keine Details dazu. Die Führung in Teheran hat Israels Verbündete gewarnt, dass auch ihre Militärstützpunkte in der Region angegriffen würden, falls sie beim Abschuss iranischer Raketen helfen würden. Die für Sonntag geplante nächste Verhandlungsrunde mit den USA im Oman über sein umstrittenes Atomprogramm hatte der Iran am Samstag als Reaktion auf die israelischen Angriffe abgesagt. Die USA hatten die Gespräche als einzigen Weg zur Beendigung der israelischen Bombardements bezeichnet.
Irans Außenminister Abbas Araghtschi warf Israel vor, die Atomgespräche mit den USA zu sabotieren. Diese Verhandlungen hätten den Weg für eine Einigung öffnen können. Den Vereinigten Staaten warf Araghtschi erneut vor, in den israelischen Angriff verwickelt zu sein, denn er wäre ohne die Zustimmung und Unterstützung der USA niemals möglich gewesen. "Die USA müssen die israelischen Angriffe auf iranische Atomanlagen verurteilen, wenn sie ihren guten Willen beweisen wollen", forderte er.
Zugleich stellte er Bedingungen für ein Ende der Kämpfe. Sein Land habe mit den Angriffen auf Israel auf ausländische Aggressionen reagiert. Wenn diese Aggressionen aufhörten, würden auch die iranischen Reaktionen enden. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte allerdings weitere Angriffe auf den Iran an. Die bisherigen Angriffe seien nichts im Vergleich zu dem, was Iran in den kommenden Tagen erwarte. Das israelische Militär richtete am Sonntag eine Evakuierungsaufforderung an Iraner, die in der Nähe von Waffenfabriken leben.
Israelischen Medien zufolge wurde in Bat Jam südlich von Tel Aviv ein achtstöckiges Gebäude von einer Rakete getroffen. Viele Menschen seien gerettet worden, es gebe jedoch Tote, teilte der Rettungsdienst mit. Mindestens 35 Menschen wurden zunächst vermisst. Seit Beginn der iranischen Vergeltungsangriffe am Freitag wurden in Israel mindestens zehn Menschen getötet und über 300 weitere verletzt. Nach iranischen Angaben wurden im Iran am ersten Tag der israelischen Angriffe am Freitag 78 Menschen getötet und zahlreiche weitere am Samstag, darunter 60 Menschen beim Einsturz eines 14-stöckigen Wohnhauses in Teheran. Unter den Toten sollen auch 29 Kinder sein.
Israel griff offenbar erstmals auch die iranische Öl- und Gasindustrie an. Iranischen Medienberichten zufolge wurde das Gasfeld Süd-Pars in der Provinz Buschehr bombardiert. Ein Teil der Gasproduktion sei daraufhin eingestellt worden. Auch das Öldepot Schahran in Teheran sei getroffen worden, die Lage aber unter Kontrolle. Die Furcht vor Störungen der Ölexporte aus der Region hatte die Ölpreise am Freitag bereits um neun Prozent steigen lassen.
In Israel begann die jüngste Welle iranischer Raketenangriffe kurz nach 23.00 Uhr am Samstag. Luftschutzsirenen heulten in Jerusalem und Haifa, etwa eine Million Menschen suchten Schutzräume auf. Gegen 02.30 Uhr Ortszeit warnte das israelische Militär vor einer weiteren Angriffswelle. In Tel Aviv und Jerusalem waren Explosionen zu hören, als die Luftabwehr im Einsatz war. Nach knapp einer Stunde wurde der Luftalarm aufgehoben. Erstmals in dem jüngsten Konflikt attackierten auch die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen aus dem Jemen Israel. Sie habe in den vergangenen 24 Stunden das Zentrum Israels mit mehreren ballistischen Raketen angegriffen, erklärte die islamistische Miliz. Sie hat zur Unterstützung der radikal-islamischen Hamas im Gaza-Krieg bereits seit Monaten immer wieder Israel mit Raketen attackiert. Die meisten Geschosse wurden aber bislang abgefangen.
Israel betrachtet das iranische Nuklearprogramm als Bedrohung seiner Existenz und hat seinen überraschenden Angriff am Freitag mit der Dringlichkeit begründet, die Islamische Republik am Bau von Atomwaffen zu hindern. Der Militäreinsatz könne Wochen dauern, erklärte Netanjahu, der die iranische Bevölkerung zum Aufstand gegen die islamistischen Machthaber aufgerufen hat. Dies schürte die Furcht vor einer Eskalation des Konflikts zu einem regionalen Flächenbrand, der auch externe Mächte hineinziehen könnte. Der Iran behauptet, dass sein Atomprogramm rein ziviler Natur sei und er keine Atombombe anstrebe. Die UN-Atomaufsichtsbehörde meldete jedoch diese Woche, dass Iran gegen Verpflichtungen aus dem globalen Atomwaffensperrvertrag verstoße.
(Bearbeitet von Christian Götz Redigiert von Alexander Ratz Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)