Berlin, 13. Jun (Reuters) - Israel hat in der Nacht auf Freitag den Iran angegriffen. Ziel des Präventivschlags gegen eine atomare Bewaffnung seien Nuklearanlagen und militärische Standorte, erklärte das israelische Militär. Das iranische Staatsfernsehen zeigte brennende Gebäude und berichtete, es seien auch Wohngebiete getroffen worden. Ökonomen zu möglichen wirtschaftlichen Folgen des eskalierenden Konfliktes:
"Wie hoch ist also das Risiko für den globalen Ölmarkt? Derzeit belaufen sich die iranischen Ölexporte auf rund 1,6 Millionen Barrel pro Tag, wobei der mit Abstand größte Teil dieser Lieferungen nach China geht. Ein Ausfall könnte vom globalen Ölmarkt wohl zunächst verkraftet werden. Die größere Gefahr liegt jedoch in einer möglichen Schließung der Straße von Hormuz: Täglich passieren dort rund 21 Millionen Barrel Rohöl ? etwa ein Fünftel des globalen Angebots. Noch gravierender fällt die Abhängigkeit bei LNG aus ? rund 25 Prozent der weltweiten Lieferströme verlaufen durch die Meerenge. Im Falle einer Unterbrechung der Handelsroute wären auch die OPEC-Spare-Capacity, die vor allem Saudi-Arabien und den UAE halten, nutzlos. Der Iran drohte im Falle eines Angriffs mit der Blockade der Meerenge. Ob diese Drohung tatsächlich ernst zu nehmen ist und ob der Iran militärisch dazu überhaupt in der Lage wäre, dürfte sich in den nächsten Tagen zeigen. Eine Unterbrechung oder Beeinträchtigung der Handelsströme würde zu einer weiteren massiven Steigerung des Ölpreises führen und stellt somit ein erhebliches Risiko für die derzeit freundliche Inflationsentwicklung in den USA und Europa dar."
"Mit dem Angriff Israels auf den Iran steigt die Wahrscheinlichkeit einer globalen Stagflation. Der Iran könnte in Reaktion auf die Angriffe aus Israel nicht nur Israel angreifen, sondern auch die Straße von Hormus blockieren, durch die 20 Prozent des globalen Öls transportiert wird, oder Ölanlagen in Saudi-Arabien angreifen. Die Ölpreise würden in einem derartigen Szenario vermutlich auf 100 US-Dollar steigen. Es wäre ein Verzweiflungsakt, der aber angesichts der vermutlich existenziellen Bedrohung Irans nicht auszuschließen ist.
In jedem Fall bedeuten höhere Ölpreise, dass es wieder zu einem höheren Inflationsdruck kommt, nachdem die Inflation zuvor von den sinkenden Energiepreisen profitiert hat. Für die US-Notenbank Fed, die mitten im Zinssenkungszyklus aufgehört hat, die Geldpolitik zu lockern, wäre es dann noch schwieriger, die Leitzinsen zu senken, da höhere Energiepreise die inflationären Auswirkungen der Zölle verstärken würden. Die EZB, die bereits beim neutralen Zinsniveau angelangt ist, würde vermutlich einfach dort verharren."
(Bericht von Rene Wagner - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)