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25.09.2024 /12:00:30
HINTERGRUND-Zinswende befördert neue Börsentrends - "Segen für Autosektor"

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Zinswende gut für Finanzierung von Autokäufen und Leasing



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In Fokus der Anleger rücken auch kleinere Firmen



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Sorgen um Konjunktur und Geopolitik bleiben auch nach Zinswende





- von ZuzannaSzymanska
Frankfurt,25. Sep (Reuters) - Die Leitzinsen sinken
fast allerorten: Mit dem niedrigeren Preis des Geldes gehen laut
Experten auch neue Markttrends an der Börse einher, die dem in
der Krise steckenden Bau- und auch dem Autosektor Auftrieb
verleihen könnten. Börsianer dürften vielen Analysten zufolge
auch weiterhin in Technologiewerte investieren. Die Branche
profitiert von der Zinswende, weil eine lockerere Geldpolitik
die für ihr Wachstum nötigen Investitionen billiger macht. Doch
nun rückten im Zuge der im Wall Street-Jargon als
Sektor-Rotation bekannten Umschichtungen auch andere Branchen an
der Börse in den Mittelpunkt des Anlegerinteresses. "In den
letzten acht Wochen sind es eher die defensiveren Sektoren
gewesen, wie zum Beispiel Versorger, Gesundheitswerte und
Telekommunikationswerte", sagt Carsten Klude, Chefvolkswirt bei
der Privatbank M.M. Warburg in Hamburg. Zu den Gewinnern im Dax
gehörten vergangene Woche auch die Konsumwerte und überdies die
Automobilhersteller.

"Sinkende Zinsen sind ein Segen für diese Branche, zum einen für die Finanzierung von Autokäufen und Leasing, zum anderen auch für die Unternehmen selbst", erläutert Salah-Eddine Bouhmidi, Manager beim Broker IG. Die Autobranche ist derzeit beim Übergang vom Verbrenner zum Elektroantrieb mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Der Absatz von E-Autos stockt in Deutschland. Überdies lässt die hartnäckige Flaute auf dem chinesischen Markt für Luxusautos Mercedes-Benz <MBGn.DE> pessimistisch in die Zukunft blicken. Der Autobauer senkte jüngst seine Prognose für das Gesamtjahr zum zweiten Mal binnen zwei Monaten und rechnet nun mit einem deutlich niedrigeren Gewinn als vor Jahresfrist. Auch der Münchner Konkurrent BMW <BMWG.DE> spürt die schwächere Nachfrage in China und senkte unter anderem deswegen zuletzt seinen Ausblick.

"ALLE PROFITIEREN VON SINKENDEN ZINSEN"

Die Hoffnungen auf fallende Zinsen hatten zuletzt auch den US-Nebenwerteindex Russell 2000 in die Höhe trieben. Die Investoren hofften, dass die verbesserten Aussichten für die Wirtschaft nach der Zinswende zu besseren Chancen für alle Unternehmen führen - und zwar auch für die kleineren. "Alle profitieren natürlich von sinkenden Zinsen: die eine Industrie mehr, die andere Industrie weniger", kommentiert Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.

Interessant seien unter anderem die Aktien kleinerer Finanzdienstleister, sagt Jens Klatt, Analyst beim Online-Broker XTB. Diese könnten sich demnach einer steigenden Beliebtheit erfreuen, während die Gewinnmargen klassischer Geldhäuser durch niedrigere Zinsen geschmälert würden. Mögliche neue Favoriten seien etwa Anbieter einfacher Konsumentenkredite nach dem Modell "Buy now, pay later" oder Entwickler von Software-Lösungen für die Bewertung von Kreditrisiken.

MANCHE PROBLEME BLEIBEN AUCH NACH ZINSWENDE

Doch Klatt mahnt zur Vorsicht. Das, was man bei der US-Notenbank zwischen den Zeilen herauslesen könne, spreche nicht unbedingt für steigende Kurse bei mittleren bis kleineren Unternehmen. Hintergrund sei die Tatsache, dass man Ende 2025 anhand des Ausblicks der US-Währungshüter mit einem Leitzins oberhalb von drei Prozent rechnen könne. "Das weckt ein bisschen den Eindruck, als wenn man davon ausgeht, dass die Inflation wohl substanziell oberhalb von zwei Prozent verharren wird. Und das würde zusammen mit einem immer noch hohen Leitzinsniveau nicht unbedingt ein Umfeld widerspiegeln, das Investitionen begünstigt."

Allerdings müsse man selbst bei den großen Technologieaktien vorsichtig bleiben, denn viele davon haben laut Klatt bereits ihre Hochs gesehen. Daher müsse man außer der Zinswende auch andere Faktoren in Betracht ziehen - wie etwa die US-Präsidentschaftswahl im November und ihre Auswirkungen auf die Beziehung zwischen den USA und China. Ähnlich sieht es auch Experte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research: "Ich würde jetzt nicht sagen, dass die Fed-Zinssenkung dazu führt, dass jetzt plötzlich alle Probleme, die wir immer noch haben, geheilt sind." Auch der Nahostkonflikt und die Rezessionsängste der Anleger könnten demnach immer wieder für Unbehagen sorgen.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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