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12.09.2024 /13:22:11
FOKUS 2-Bundestag berät Regierungsentwürfe zur Migrationspolitik

(neu: Merz, Einzelheiten)

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Reaktion auf Messeranschlag von Solingen

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Union kritisiert Paket als nicht weitgehend genug

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Merz zu Spitzengespräch bereit

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Vorgehen an deutschen Grenzen wird gesondert behandelt
 
Berlin, 12. Sep (Reuters) - Rund drei Wochen nach dem
Messeranschlag von Solingen hat die Ampel-Koalition im Bundestag
erste Schritte für eine schärfere Migrationspolitik auf den Weg
gebracht. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP reichten am
Donnerstag zwei entsprechende Vorlagen der Bundesregierung in
das Parlament ein. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte in
der Debatte, es müsse für Freiheit und Sicherheit in Deutschland
gesorgt werden. Mit Blick auf den mutmaßlichen Täter von
Solingen sagte die SPD-Politikerin: "Wer unseren Schutz bekommt,
(...) darf ihn nicht missbrauchen, ansonsten muss er unser Land
wieder verlassen." Die Union kritisierte die Vorhaben als nicht
ausreichend.

In den beiden eingebrachten Gesetzentwürfen der Bundesregierung sind drei Säulen enthalten: Zum einen sollen Sozialleistungen für ausreisepflichtige Asylbewerber gekürzt und mitunter sogar gestrichen werden, zweitens sollen die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den radikalen Islamismus gestärkt werden, vor allem bei Ermittlungen im Internet, und drittens soll das Waffenrecht mit Blick auf Messer verschärft werden. Wann die Gesetze vom Bundestag in zweiter und dritter Lesung beschlossen werden, ist noch unklar. Teile des Pakets müssen dann noch vom Bundesrat verabschiedet werden. Die umstrittene Frage von Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylbewerbern wird in den Vorlagen nicht behandelt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, sagte, es gebe in den Vorlagen "viele vernünftige Maßnahmen, die wir unterstützen können". Zugleich sei es aber auch so, dass "der Schritt, den Sie gehen, hinter dem Notwendigen zurückbleibt", betonte Frei, der für die Union die gescheiterten Gespräche mit der Bundesregierung über eine konsequente Zurückweisung bestimmter Asylbewerber an den deutschen Grenzen führte. "Wir müssen etwas tun, um die irreguläre Migration zu stoppen", mahnte Frei. Und das gehe nur mit Zurückweisungen an den Grenzen.

FAESER: TÜR FÜR GESPRÄCHE MIT UNION BLEIBT OFFEN

Faeser betonte wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), die Regierung sei weiter offen für Gespräche mit der Union, der größten Oppositionsfraktion im Bundestag. CDU/CSU hatten die Beratungen am Dienstag für beendet erklärt mit dem Argument, die Regierung sei zu weitreichenden Zurückweisungen an den deutschen Grenzen nicht bereit. Faeser legte der Union einen Plan vor, nach dem es künftig an den Grenzen beschleunigte Asylverfahren geben soll und abgelehnte Bewerber dann schnell wieder abgeschoben werden sollen.

Faeser will dieses Vorgehen nun ohne die Union weiter mit den Bundesländern besprechen. Ein Beschluss des Bundestages dafür ist nicht erforderlich. CDU-Chef Friedrich Merz machte der Regierung am Donnerstag ein neues Angebot: Er schlage vor, Zurückweisungen ab dem 1. Oktober drei Monate lang vorzunehmen, sagte Merz der Funke-Mediengruppe. Dies hätte eine Signalwirkung und würde den Zustrom nach Deutschland in kürzester Zeit stark reduzieren. "Nach den drei Monaten ziehen wir dann Bilanz." Im Übrigen sei er zu Gesprächen mit der Regierung auf Spitzenebene bereit.

In Solingen hatte ein Angreifer bei einem Stadtfest am 23. August drei Menschen erstochen, mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer. Der Mann hatte Verbindungen zu muslimischen Extremisten. Nach den Dublin-Regelungen der Europäischen Union war der mutmaßliche Täter ausreisepflichtig. Er hatte in Bulgarien erstmals EU-Gebiet betreten und hätte dort sein Asylverfahren durchlaufen müssen. Bulgarien war bereit, den Mann zurückzunehmen. Die Rückführung scheiterte dann aber an Versäumnissen deutscher Behörden.

(Bericht von Alexander Ratz, Andreas Rinke redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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